Durchwachsene Innovationsbilanz bei KMU
KMU im Fokus
Demnach investierten rund eine Million kleine und mittlere Unternehmen (KMU) hierzulande zuletzt in innovative Produkte oder Prozesse. Laut KfW sind das 200.000 KMU mehr als in der zuvor untersuchten Periode 2013/2015. Dass diese erfreuliche Erholung allerdings bereits eine Kehrtwende des langjährigen Abwärtstrends bedeute, sei mehr als fraglich, heißt es bei der Föderbank in Frankfurt/Main. Von dem Höchststand von 42 Prozent aus den Jahren 2004/2006 liegt die mittelständische Innovatorenquote weiterhin weit entfernt. Zugleich stagniert die Summe, die der Mittelstand für Innovationen ausgibt, bereits seit Mitte der 1990er Jahre – und sank im Jahr 2016 sogar nochmals auf nun 32,2 Milliarden Euro (2015: 36,7 Mrd. Euro).
Auch wenn die Innovatorenquote zuletzt bei Unternehmen aller Größenklassen anspringt – im langfristigen Vergleich wird laut KfW offensichtlich, dass vor allem die kleinen Betriebe mit weniger als fünf Beschäftigten sich mehr und mehr aus der Innovationstätigkeit verabschieden. Rund 80 Prozent aller mittelständischen Firmen fallen in diese Größenklasse, binnen zehn Jahren sank der Anteil von Innovatoren hier um gut zwei Fünftel.
Bei den großen Mittelständlern mit mehr als 50 Beschäftigten ging der Anteil innovativer Firmen im gleichen Zeitraum zwar ebenfalls deutlich zurück, allerdings nur um knapp ein Fünftel. Ein Blick in die Branchen zeigt, dass im Zehn-Jahres-Vergleich vor allem der Dienstleistungssektor (minus 17 Prozentpunkte auf 27 Prozent) und das Baugewerbe (minus 14 Prozentpunkte auf 15 Prozent) erheblich Innovatoren verloren haben.
Weniger Innovationen
Die kontinuierlich abnehmende Bedeutung von Innovationen im Mittelstand spiegelt sich auch in sinkenden durch Innovationen erwirtschafteten Umsätzen wieder. 2004/2006 erzielten 43 Prozent der KMU über die Hälfte ihres Umsatzes mit ihren Innovationen, aktuell tun das nur noch 25 Prozent. Im Gegenzug ist der Anteil der Mittelständler, der lediglich maximal ein Zehntel des Umsatzes mit Innovationen erzielt, im zurückliegenden Jahrzehnt erheblich von 30 auf 59 Prozent gestiegen.
Insgesamt geht der Rückgang der Innovatoren im Mittelstand weniger von hochinnovativen Vorreiter-Unternehmen aus, sondern von der Masse der Firmen, die Produkt- oder Prozessneuerungen nachahmen und somit in der Wirtschaft verbreiten (minus 16 Prozentpunkte auf 15 Prozent binnen zehn Jahren). Der Anteil der Unternehmen hingegen, die eigene Forschung und Entwicklung (FuE) betreiben, liegt zwar ebenfalls unter seinem Höchststand von 16 Prozent in den Jahren 2004/2006, verharrt aber nun schon seit 2010 bei Werten um zehn Prozent.
Ursachenforschung
KfW Research hat für den neuen Innovationsbericht erstmalig die nicht-innovativen Mittelständler dazu befragt, warum sie auf innovative Produkte oder Prozesse verzichten: Mit 54 Prozent gab die Masse von ihnen an, dass aus ihrer Sicht ein Hervorbringen von Innovationen im Moment nicht notwendig ist und ihrem Unternehmen keinen Nutzen bringt. In der Tat zeigen Analysen, dass die Innovationsrenditen seit der Jahrtausendwende zurückgehen. Die Gründe hierfür sind vielfältig: Der intensivere Wettbewerb sorgt für steigenden Druck auf Preise und Kosten, die steigende technologische Komplexität macht Nachahmungen schwieriger und nicht zuletzt bevorteilen Netzwerkeffekte die Vorreiterunternehmen bei digitalen Technologien.
Jedes fünfte Unternehmen (20 Prozent) begründet das Unterlassen von Innovationstätigkeit zudem mit fehlenden Ideen. Warum diese Ideen fehlen, ist offen. Ein Grund könnte laut KfW in mangelndem Fachwissen und fehlenden Kompetenzen der Belegschaft liegen, vorhandene Innovationschancen wahrzunehmen und Innovationsideen zu entwickeln. Auch die derzeit gute geschäftliche Lage der Wirtschaft mit hohen Renditen und Produktionsauslastungen dürfte dazu beitragen, dass sich die Frage nach Innovationen gar nicht so deutlich stellt. Letztlich haben sich neue Innovationsmöglichkeiten für die Breite des Mittelstands in den zurückliegenden Jahren auch nicht aufgedrängt: Seit dem Internet-Boom blieb ein neuer Technologieschub bislang aus.
Rolle für Volkswirtschaft
„Trotz der zuletzt erfreulichen Erholung der Innovatorenquote bleibt festzustellen: Eigene Innovationsanstrengung im Mittelstand nehmen im Trend weiterhin ab. Für die deutsche Wirtschaft und ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit sind dies keine guten Nachrichten – schließlich spielen Innovationen eine große Rolle für Beschäftigung, Rendite, Umsatz und Produktivität“, sagt Dr. Jörg Zeuner, Chefvolkswirt der KfW Bankengruppe. Die Wirtschaftspolitik müsse daher dringend die Entwicklung neuer Technologien und deren Verbreitung in der Wirtschaft stärken. „Es gilt einerseits den bisherigen technologischen Vorsprung Deutschlands zu sichern und neue Technologiefelder zu besetzen. Andererseits müssen auch die Innovationsaktivitäten in der Breite des Mittelstands gestärkt werden. Dies trägt zur Diffusion neuer Technologien bei und sichert die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft als Ganzes. Dazu gilt es Lern- und Innovationsprozesse gerade in Unternehmen ohne eigene FuE zu verbessern. Aus- und Weiterbildung, der Aufbau eines adäquaten Innovationsmanagements, Teamarbeit und die Verbesserung des Zugangs zu neuem Wissen sind hier hilfreiche Maßnahmen. Dies umzusetzen ist auch eine Frage der finanziellen und personellen Möglichkeiten der Unternehmen“, so Jörg Zeuner.
Zur Datenbasis
Der aktuelle KfW-Innovationsbericht basiert auf dem KfW-Mittelstandspanel 2017. Das KfW-Mittelstandspanel stellt die einzige repräsentative Erhebung im deutschen Mittelstand (Unternehmen bis 500 Mio EUR Umsatz) und damit die wichtigste Datenquelle für mittelstandsrelevante Fragestellungen dar. Es ermöglicht Hochrechnungen für sämtliche Größenklassen und Branchen des Mittelstands. In der aktuellen Welle haben sich 11.043 mittelständische Unternehmen an der zugrundeliegenden Befragung beteiligt.