Bambusbecher-“Test”: Ernüchterndes Ergebnis
Anbieter preisen sie als biologisch abbaubar oder recycelbar an. Doch der Test von zwölf Bambusbechern zeigt: Immer ist Kunststoff drin. Die meisten Becher enthalten zu viele Schadstoffe oder sind falsch deklariert – sie hätten laut Sitftung Warentest nicht verkauft werden dürfen.
Bambus allein kein Becher
„Bambusbecher“, „aus Bambusfasern“ oder „dieser Becher wurde aus umweltfreundlichen Bambusfasern hergestellt“. So steht es auf einigen der getesteten Trinkgefäße. Käufer bekommen den Eindruck, sie würden ein reines Naturprodukt erwerben. Tatsächlich bestehen die Coffee-to-go-Becher aus fein zermahlenen Bambusfasern. Doch das Pulver allein ergibt noch keinen Becher.
Um in Form zu kommen, braucht das Bambusfaserpulver Klebstoff. Im Labor fanden die Tester in allen Bechern Melaminharz. Ein Kunststoff, der sich aus Formaldehyd und Melamin zusammensetzt. Grundsätzlich ist Melaminharz laut “Test” kein gefährlicher Stoff. Kindergeschirr besteht oft daraus und ist meist sicher. Solange der Kunststoff ordentlich verarbeitet ist und bestimmte Bedingungen beim Gebrauch eingehalten werden, etwa Temperaturen unter 70 Grad Celsius, gehen keine nennenswerten Schadstoffmengen in Lebensmittel über.
Hitze und Schadstoffe
Anders bei Kaffee. Der ist ja ein Heißgetränk. Im Labor wurden dreiprozentige Essigsäure in die Bambusbecher gefüllt, die Flüssigkeit zwei Stunden 70 Grad Celsius warm hielten. So simulierten die Tester ein heißes, leicht saures Getränk wie Kaffee. Das machten die Prüfer pro Becher sieben Mal und bestimmten jeweils nach der dritten und siebten Befüllung den Gehalt von Formaldehyd und Melamin in der Flüssigkeit.
In vier der zwölf Becher fanden die Tester bereits nach der dritten Befüllung sehr hohe Gehalte von Melamin, in drei weiteren nach der siebten Befüllung. Auch Formaldehyd wurde in teils hohen Mengen in der Flüssigkeit gefunden. “Die Analysen zeigen: Nicht nur zu Beginn der Nutzung gehen Schadstoffe über. Nach der siebten Migrationsprüfung lagen die Werte teilweise sogar noch höher. Die Schadstoffe verflüchtigen sich also nicht. Sie gelangen auch nach längerer Nutzung noch in die Getränke”, heißt es bei den Berlinern.
Das sei nicht ohne: Melamin steht im Verdacht, Erkrankungen im Blasen- und Nierensystem zu verursachen. Formaldehyd kann Haut, Atemwege oder Augen reizen sowie beim Einatmen Krebs im Nase-Rachen-Raum verursachen. Und: Bambusbecher haben nichts in der Mikrowelle zu suchen. Beim Erhitzen auf hohe Temperaturen zersetzt sich das Bechermaterial, die Oberfläche wird zerstört. Entsprechend mehr Melamin und Formaldehyd wandern ins Getränk. Deswegen ist der Warnhinweis vor Benutzung der Mikrowelle so wichtig. Am Zuperzozial-Becher fehlt die Warnung komplett. Auf der Verpackung des Morgenhelds steht: „Hält Jahre, wenn er nicht fallen gelassen oder in die Mikrowelle gesteckt wird.“ Das ist keine Warnung, sondern ein Tipp für lange Lebensdauer. Beide Becher hätten nicht verkauft werden dürfen, lautet das Testfazit.
Nur der Bamboo Cup von Chicmic konnte die Tester im Gesamtvergleich überzeugen, der damit seinen Verkaufspreis von knapp 15 Euro wert zu sein scheint. Ein Testverlierer von einem Discounter kostete hingegen nur rund zwei Euro.
Der Morgenheld wirbt zusätzlich damit, „biologisch abbaubar“ zu sein. Pandoo schreibt auf der Verpackung: „Bambus ist ein natürlicher Rohstoff, der keinen nicht abbaubaren Abfall verursacht.“ Für reinen Bambus stimme das natürlich. Doch der dickwandige kunststoffhaltige Becher werd auch in Jahren nicht auf dem Kompost verrotten. Selbst industrielle Kompostieranlagen könnten das Material nicht zersetzen, erklären die Bundestester.
Missverständlich seien auch die Recyclingsymbole auf den Verpackungen der Becher von ppd und Rex London. Die Mischung aus dem Kunststoff Melaminharz und Bambusfasern lasse sich nicht in die ursprünglichen Komponenten aufteilen oder einschmelzen. Es bleibe nur energetisches Recycling – also Verbrennung. Das ist sicher nicht das, was umweltbewusste Käufer im Sinn haben, wenn sie auf den Verpackungen lesen „der umweltfreundliche Becher“ (Pandoo) oder „schont die Umwelt“ (Morgenheld) – resümiert die “Test”-Redaktion.
Echte Bambusprodukte
Alternativen zu den Bambusvarianten sind Mehrwegbecher aus Edelstahl, Porzellan und auch Polypropylen (PP), erklärt die Verbraucherzentrale Mecklenburg-Vorpommern. Ein Hinweis auf das Material gibt auch der Recyclingcode: Das dreieckige Pfeil-Piktogramm – meist an der Unterseite des Produkts – hat eine Zahl in der Mitte. So steht 05 für Polypropylen und 07 für sonstige Stoffe, was Melamin mit einschließt.
Reine Bambusprodukte wie Schüsseln oder Schneidebretter gebe es natürlich auch. Bei ihnen sei im Gegensatz zu den Bechern die Materialstruktur erkennbar, so die Schlussworte in der Ankündigung des aktuellen Produkttestes der Stiftung Warentest.