Schon seit ein paar Jahren erobern ganz unterschiedliche Produkte mit mehr oder minder starken haptischen Oberflächen unsere Wohnräume – und es scheinen immer mehr zu werden. Dies ist nicht verwunderlich, denn sie spiegeln den Gegentrend zu unserem Hightech-Leben.
Gefühlssache: Immer mehr interessante Oberflächen zum Fühlen ziehen in das Wohnen ein. Von Bloomingville
Die meisten von uns haben einen Schreibtischarbeitsplatz, denn wir sind kein Produktionsland mehr. In Deutschland stellt heute der Dienstleistungsbereich rund drei Viertel der Arbeitsplätze. Somit sitzen wir den ganzen Tag weitestgehend vor einem Computer und tippen auf einer Tastatur herum. Sogar in vielen Handwerksberufen gehört mittlerweile das elektronische Gehirn zum Arbeitsalltag einfach dazu. Sind wir dann zu Hause, wischen wir stundenlang über die aalglatten, technischen Oberflächen von Smartphones und Tabletts. Das haptische Arbeiten mit den Händen und das Fühlen verschiedener Oberflächen und Materialien wird bei vielen im Alltag immer weniger. Der Tastsinn spielt in unserer Hightech-Welt eine immer geringere Rolle. Wir werden jeden Tag mit visuellen Reizen überflutet und auch beim Hören wird uns einiges geboten. Beim Essen und Trinken werden automatisch Riechen und Schmecken als Sinne angesprochen. Und auch sonst sind wir tagsüber immer wieder von Gerüchen umgeben, wenn wir am Morgen unser duftendes Duschgel benutzen, am Bäcker mit den lecker frischen Backwaren vorbei laufen, das blumige Parfum der Mitarbeiterin schnuppern. Das Fühlen aber ist immer mehr zum Stiefkind unter unseren Sinnen geworden. Dabei spielt dieser Sinn eine sehr wichtige Rolle in unserem Leben. Interessanterweise beginnen wir schon zu fühlen, noch bevor wir auf die Welt kommen, denn der Tastsinn entwickelt sich tatsächlich als erstes beim Fötus im Mutterleib. Viele Studien von Neugeborenen und Babys haben zudem ergeben, wie wichtig Berührungen für unsere Entwicklung und unser Wohlbefinden sind. Zarte Berührungen lösen auch bei Erwachsenen die Ausschüttung wichtiger Hormone aus, die das Wohlbefinden steigern, den Blutdruck senken und die emotionale Bindungsfähigkeit unterstützen.
Naturinspirationen
Viele sehnen sich nach der Natur, nach Blumen, Pflanzen und Bäumen, da wir im Alltag auch immer weniger Berührungspunkte mit dieser haben. Immer mehr Zimmerpflanzen sind in den letzten Jahren wieder in unsere vier Wände eingezogen, aber auch viele Produkte mit natürlichen Optiken. Villeroy & Boch zeigt da in der neuen Kollektion „It’s my match“ die Reliefstrukturen Blossom und Leaf, die eine tiefe Bowl, eine Servierschale, einen Becher und ein Teller zieren. Die vier Alleskönner lassen sich dabei nach Belieben mit den unterschiedlichen Oberflächen, aber auch mit uni, kombinieren. Neben der Farbe Weiß unterstreichen ein dschungeliges Green und ein blumiges Powder den modern natürlichen Look. So ist man im Alltag beim Frühstück, für die abendliche Serie auf der Couch, aber auch beim gemütlichen Sonntagsbrunch mit Freunden gut gerüstet. Auch Knabstrup Keramik aus Dänemark setzt mit der neuen Leaf-Vase von Peter Svarrer auf eine natürliche Optik. Blatt an Blatt bildet das „Laub“ auf der Oberfläche der Vase einen unberührten Wald. Überzogen werden die Keramikstücke von schönen Glasuren, die die Struktur der Blätter hervorheben und das Licht einfangen. Die Leaf-Vase wird in mehreren Varianten und Farben hergestellt. Zum einen als Unikat, von Peter Svarrer persönlich hergestellt. Jedes Blatt wurde handmodelliert und die gesamte Produktionszeit mit dem Zeichnen, Modellieren, Brennen, Glasieren dauerte über drei Monate. Dann gibt es Leaf in limitierter Auflage von 300 Stück mit der Glasur „khaki vert“ und zusätzlich als kleinere nicht limitierte Variante in den Farben Celadon und Weiß.
Blattwerk: Die Vase Leaf von Knabstrup Keramik zeigt einen stilisierten Blätterwald
Naturlook: Die Reliefstrukturen Blossom und Leaf zieren das Porzellan bei Villeroy & Boch
Materialmix: Aveva zeigt, wie schön verschiedene Oberflächen miteinander kombiniert werden können
Unperfekt
Bei Keramik-Produkten sind insgesamt momentan viele interessante Oberflächen zu sehen. Handwerkliche, unregelmäßige Optiken sind dabei stark zurückgekehrt, nachdem wir vorher in einer Designphase waren, bei der es um perfekte Glätte und vollendete Vollkommenheit ging. Die Glasur scheint nun teils wie experimentell auf Schalen, Vasen und Übertöpfen gegossen worden zu sein. Glänzende Bereiche wechseln sich mit matten unglasierten ab und die früher für Mangel stehenden Farbnasen avancieren zum Design