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Trend 2019: Tiger im Sprung – Indische Aura

Indische Aura und Produkte faszinieren immer mehr Menschen der westlichen Hemisphäre. Auch in Deutschland setzt der Tiger vom asiatischen Subkontinent zum Sprung an und erobert die Herzen der Messebesucher und Endkunden.

Indischer Tiger: verkörpert die Einzigartigkeit und aufstrebende Macht des Subkontinents (Foto: Pixabay /Alexas_Fotos)

Indien ist mit 1,37 Milliarden Einwohnern der zweitgrößte Staat der Welt und eine aufstrebende Wirtschaftsmacht, die nunmehr zu den Tigerstaaten zählt und – nomen est omen – den Indischen Tiger beziehungsweise Königstiger beheimatet. Das stolze Land bietet einen Rausch an Sinnen, Farben, Eindrücken, Kulturvielfalt und widersprüchlicher Lebenswirklichkeit. Dieses „bunte Kaleidoskop“, wie es mancher Beobachter auch angesichts des farbenfrohen Holi-Festes beschreibt, spiegelt sich in seinen natürlich wirkenden Produkten wider. Am bekanntesten sind Pflanzendüfte wie Sandelholz und Patschuli, Gewürze wie Kurkuma und Tamarinde, Speisen wie die marinierten Tandoori-Hähnchen, das Naan-Fladenbrot und der Lassi-Joghurttrunk, lange bunte Gewänder, verzierte Heimtextilien und Holzprodukte oder Räucherstäbchen.
Apropos Gewürze und Speisen: Vor Kurzem ist das Kochbuch „Indiens Dosa-Küche“ von Nash Patel und Leda Scheintaub erschienen. In dem Rezeptbuch stellt das Autorenpaar köstliche Variationen dieser südindischen Küche vor. Dosa sind Pfannkuchen aus Reis und Linsen, die im Nu mit den verschiedensten Füllungen zubereitet werden und laut Begleittext „eine gesunde, kalorienarme Alternative zu Fast-Food-Snacks oder zur Tex-Mex-Küche bieten“. Das Buch kommt aus dem Narayana Verlag aus Kandern.

Tradition und Hightech

Zurück zum Land in Südostasien, dessen Fläche zehnmal größer als die Deutschlands ist: Es produziert auch Hightech-Güter wie die moderne Fahrzeugvielfalt von Tata Motors oder die Produktpalette des Stahl-Weltmarktführers Arcelor Mittal und betreibt ein ehrgeiziges Raumfahrtprogramm. Außerdem wartet Indien mit Söhnen und Töchtern des Landes in Top-Positionen von Weltkonzernen auf. Hierzu gehören die Vorstandschefs von Microsoft, Google und Mastercard, Satya Nadella, Sundar Pichai und Ajaypal Singh Banga, oder die Vorstände Sanjeev Gandhi (BASF) und Sanjiv Lamba (Linde). Den Luxusartikelkonzern Escada wiederum führt Inhaberin Megha Mittal seit fast zehn Jahren. Auf die besondere Aura von Land, Leuten und Produkten setzen viele internationale Partner. Das zeigen die weltweiten Messeauftritte indischer Designer, Kunsthandwerker, Geschenkartikelmanufakturen und Unternehmen, die insbesondere vom ’Export Promotion Council for Handicrafts’ (EPCH – Exportförderungsrat für das Kunsthandwerk) vertreten werden. EPCH ist nach eigenen Angaben Indiens führende Exportförderorganisation mit 10.000 Mitgliedern und veranstaltet regelmäßig die Frühjahrs- und Herbst-Ausgaben der internationalen Handelsmesse IHGF Delhi Fair.
Diese findet in einem Messezentrum der Industriestadt Greater Noida statt, die der Hauptstadt Indiens vorgelagert ist. Die IHGF gilt als Markenzeichen des Produktangebots rund um Lifestyle, Mode, Textilien und Accessoires – und noch dazu als der „One-Stop-Sourcing-Event“ Asiens.
Kurz vor Erscheinen der vorliegenden Ausgabe von Trend&Style lief Ende Oktober die Herbstveranstaltung der IHGF, deren Erfolgsgeschichte eng mit der Person Rakesh Kumars verbunden ist (siehe Infokasten). Der vielseitige Topmanager ist laut den EPCH-Gremien „bekannt für seine neuen Ideen und innovativen Initiativen“ und „für sein Engagement für eine höhere Schulbildung und bessere sanitäre Bedingungen an den Schulen“ seines Heimatlandes.

Kluger Kopf: Einer der Konzernlenker aus Indien ist Microsoft-Vorstandschef Satya Nadella (Foto: Brian Smale/ Microsoft)

Bollywood-Star Kanika Kapoor: besucht indische Partnerstände der Messe Ambiente 2019 (rechts) (Foto: Messe Frankfurt Exhibition GmbH / Pietro SuterA)

Handmade: In deutschen Ikea-Filialen ist die handgefertigte Produktserie Hemgjord erhältlich (Foto: cobs/Inter IKEA Systems B.V.)

Stargast: Gefühl wie zuhause

Auch ein Bollywood-Star verknüpft berufliches, geschäftliches und soziales Engagement miteinander: Kanika Kapoor ist Sängerin, Schauspielerin, Mitglied in der Jury von „The Voice India“ sowie Inhaberin des Mode- und Textillabels House of Chikankari. Darüber hinaus fördert das Multitalent die Bildung von Kindern und wirkt als Markenbotschafterin für den Elektronikhersteller Samsung und die Armbanduhrenmarke 88 rue du Rhône.
Außerdem repräsentiert sie als bekanntes Gesicht Indiens ihr Heimatland auf Messen. So machte sich Kanika Kapoor im Februar persönlich ein Bild vom größten Konsumgüter-Event der Welt, der internationalen Leitmesse Ambiente in Frankfurt am Main: „Es war eine unglaubliche Erfahrung, die Ambiente zu besuchen. Es fühlte sich fast so an, als würde man von zu Hause nach Hause kommen, wenn alle diese außergewöhnlichen Künstler und die gesamte indische Kultur in einem anderen Land zusammenkommen. Auf der Messe ist alles sehr schön zusammengestellt. Ich habe mich gefreut, hier echtes Kunsthandwerk zu sehen. Das wollen wir als Inder für die Welt darstellen“, freute sich Kanika Kapoor.
Hintergrund war die Präsentation Indiens als diesjähriges Partnerland der Fachmesse Ambiente. Die Partnerausstellungen gehören unter dem Motto „Die Welt zu Gast auf der Ambiente“ zu den beliebtesten Sonderschauen und sind ausgewiesene Publikumsmagnete. Der Subkontinent hat mit seiner Teilnahme die Lebendigkeit und Vielfalt der Messe weiter angefacht, und die exotische Kulisse sicherlich mit zur guten Stimmung und den steigenden Besucherzahlen beigetragen. Das zeigte sich auch in der Talents-Schau des Designernachwuchses: „In der diesjährigen Auswahl fällt die hohe Sensibilität ins Auge, mit der sich die Designtalente sowohl traditionellen Kulturtechniken als auch neuen Technologien nähern und diese in höchst schlüssige Produktwelten transformieren“, freute sich Nicolette Naumann, Vice President Ambiente.

Gegen den Massenkonsum

Die Standbesucher konnten sich bei den handgefertigten Produkten und dargestellten Arbeitsschritten davon überzeugen, dass diese den „höchsten Qualitätsanforderungen genügen“, wie der indische Textilminister Ajay Tamta betonte. Dafür dürften ebenso die Produktdesigner und Kuratoren der Sonderflächen Ayush Kasliwal und Sunil Sethi gesorgt haben. „Das spielt hier eine besondere Rolle, da viele Konsumenten die gleichen hohen Standards von Handwerksunternehmen erwarten, die sie aus der standardisiert arbeitenden industriellen Produktion gewohnt sind“, erklärte Nicolette Naumann.
Gleichwohl faszinierte die überaus reizvolle Mischung zwischen Tradition und Moderne. So verbindet Jungdesigner und Architekt Roshad Schroff in seinen Entwürfen die DNA seiner Heimat mit moderner Formensprache, setzt Industriedesigner Pravinsinh Solanki auf die Ästhetik und Materialeigenschaften von Bambus und schafft Solid Bench individuelle Unikate mit Erbstückcharakter – „als Kontrapunkt gegen den Massenkonsum“, wie die Messe Frankfurt betonte.
Derweil schaute sich Kanika Kapoor auf den Messeständen ihrer Landsleute um: The Rug Republic bietet Pouf-Sitzhocker und Kissen in aufregenden Farben und Mustern, und Manglam Arts Kleinmöbel mit einer reinen und exklusiven Designsprache. Ein attraktiver Treffpunkt für Messebesucher war das Starry Night Café des Designers, Pädagogen und Unternehmers Sandeep Sangaru, das in seiner opulenten wie auch filigranen Bambus-Installation viel Glanz verbreitete.

Beliebter Treffpunkt: Das Starry Night Café von Sandeep Sangaru auf der Ambiente in Frankfurt (Foto: Messe Frankfurt Exhibition GmbH / Pietro Sutera)

Bereit für das Holi-Fest (Foto: Pixabay /Jan Cigánek)

Weiteres Messe-Interesse

Neben der steigenden Nachfrage nach relativ natürlichen und nachhaltigen Materialien sowie einem klaren und dennoch unverwechselbarem Design erklärt sich die Attraktivität der indischen Produkte auch mit anderen Trends. Die Messen Formex in Stockholm und Maison et Objet in Paris demonstrierten zuletzt auch die zunehmende Hinwendung zu Handarbeit, Handwerk und Spiritualität der Objekte. Zudem widmeten die Messe New York Now und der NY Now Summer Market sozialen Förderprojekten – wie zum Beispiel der World Fair Trade Organization – einen eigenen Bereich und sogar ein ganze Halle. Dazu kommt die neue Sehnsucht nach „Produkten mit Seele“, wobei vor allem der Folklore-Look derzeit den Nerv der Verbraucher trifft (Trend&Style 03/2019, Seiten 28 bis 33).
Dabei zeigt sich, dass die Zeiten längst vorbei sind, als indische Webwaren oder Dekorationsartikel die Nische von Kirchentagen, Wohltätigkeitsbasaren und Biohändlern waren oder Tiger noch als Bettvorleger endeten.
Arnd Westerdorf
www.handicraftsinindia.in
ambiente.messefrankfurt.com/frankfurt/de.html
www.india.gov.in