Mit Bernhard J. Teuber, dem ehemaligen Rosenthal-Vorstand und ehemaligen Mitglied der Geschäftsführung von Faber-Castell sprachen wir über das Thema Marke.
Das höchste Gut: die Marke!
VITA
Bernhard J. Teuber begann 1959 mit einer Ausbildung bei Rosenthal. Von da an stieg er vom Außendienstmitarbeiter, über die Außendienstleitung für die Marke Thomas bis zum Vorstand Vertrieb Rosenthal auf. Zuvor übertrug man ihm die Generalvollmacht für alle Marken des Hauses Rosenthal. 1993 bis 2006 war er Mitglied der Geschäftsführung (Europa Nordamerika) und Member of the Group Board (weltweit) bei Faber-Castell.
Was macht eine erfolgreiche Marke aus?
Das Elementarste bei einer Marke ist – egal wo die Produkte produziert werden – die Qualität. Das galt sowohl für Rosenthal als auch für Faber-Castell. Darüber hinaus gilt es, die Markenwelt mit geeigneten Produkten zu stärken und weiter auszubauen. Denn die Erfahrung hat gezeigt, dass Marken am ehesten von Innen und nicht von Außen zerstört werden. Damit das nicht passiert, muss mit den richtigen Menschen auf den richtigen Positionen eine konsequente Strategie verfolgt werden.
Welche war das bei Faber-Castell?
Bei Faber-Castell lag zu Beginn der 90er Jahre eher etwas Staub auf der gesamten Produktwelt. Es gab unendlich viele Bleistifte im Markt. So wurde das Thema Design nicht nur auf der Produktebene, sondern auch im Gesamtauftritt entscheidend. Das galt übrigens auch für Rosenthal. Aber während man dort mit rund 100 unterschiedlichen Designern und Künstlern arbeitete, legte man sich bei Faber-Castell auf Heinrich Stukenkemper fest, der zu unserer Zeit eine außergewöhnlich kreative Ausnahmeerscheinung war und dem das Unternehmen viel zu verdanken hat. Neben dem Thema Design, war die Definition der sogenannten Kompetenzfelder ganz elementar für den Aufbau der Marke Faber-Castell. Es ging darum, nicht alles über einen Kamm zu scheren, sondern fünf Bereiche zu definieren, die jeder für sich ein bestimmtes Konsumenten-Klientel erreichen sollten. Parallel wurde im oberen Bereich die Marke „Graf von Faber-Castell“ aufgebaut. Auch hier war es unser erklärtes Ziel, sich von anderen Marken zu differenzieren. Mit dem limitierten „Pen of the Year“, dessen Schaft aus besonders ausgewählten Materialien (wie Bernstein, Perlrochenleder, Schlangenholz …) bestand, konnten wir uns beispielsweise sogar gegenüber Montblanc, die mit Kunststoff-Gehäusen arbeiteten, absetzen. Der Abstrahleffekt von ganz oben über alle anderen Sortimente war enorm. Der Noppenbleistift Grip ist beispielsweise nur über diesen Weg entstanden. Die Punkte auf Wasserlackbasis waren eine technische Meisterleistung und machten das Produkt einzigartig. Das war eine echte Erfolgsgeschichte. Alle Produkte waren jeweils einem der fünf Kompetenzfelder zugeordnet. So beinhaltete das Thema „Spielen & Lernen“ beispielsweise nicht nur die Farbstifte, sondern auch den ganzen kognitiven Bereich von den Knetmassen, über die Kreiden, bis hin zu kleinen Spielsachen. Das galt für die anderen vier Bereiche gleichermaßen und war eine Möglichkeit, den Handel dazu zu bewegen, nicht nur ein paar Farbstifte, sondern eine ganze Markenwelt zu präsentieren. Obwohl Faber-Castell historisch mit der Farbe Dunkelgrün verbunden ist, entschieden wir uns damals beim Thema „Spielen & Lernen“ für ein kräftiges Rot. Die Rechnung ging auf, am Ende war dieser Bereich weltweit nur noch das „rote Sortiment“ mit einer durchdringenden Signalwirkung.
Funktioniert eine Marke auch ohne einen großen Auftritt am POS?
Das ist bis heute eine große Diskussion: Kann ich in meinem Geschäft eine markenspezifische Präsentation zulassen? An diese Gespräche erinnere ich mich auch in meiner Zeit bei Rosenthal. Wer als Händler nicht bereit war, Möbel und Teppich für den POS zu übernehmen, wurde nicht mit Rosenthal-Produkten beliefert. Man hatte sich damals für einen selektiven Vertrieb entschieden. Das heißt von einst mehr als 3.000 Rosenthal-Händlern blieben am Ende im deutschen Markt nur noch rund 600 übrig. Diese Entwicklung führte gleichzeitig zu enormen Umsatzzuwächsen. Ich erinnere mich noch an einen sehr großen und wichtigen Händler in Hamburg, der in seiner Rosenthal Studio-Abteilung Fremdware präsentierte. Als wird das mehrfach beobachteten, wurde er nicht mehr beliefert. Philip Rosenthal stand bei solchen Entscheidungen immer hinter uns. Nach einer erneuten, grundsätzlichen Auseinandersetzung lief das Geschäft wieder an. Ich bin bei Rosenthal durch eine perfekte aber auch gnadenlose Schule gegangen. Das hat mir bei Faber-Castell sehr geholfen, wo anfangs einigermaßen konzeptionslos in den Handel verkauft wurde. Eine Marke muss eben ganz stringent geführt werden und in diesem Zusammenhang ist die Präsenz am POS überaus wichtig. Oft haben wir von den Händlern gesagt bekommen, dass die Handelsmarke wichtiger als die Einzelmarke sei. Aber die Handelsmarke ist eben nur so gut, wie sie Inhalte präsentiert. Das ist immer ein sehr schmaler Grad. Die meisten Händler haben allerdings unsere Konzepte nicht nur verstanden, sondern auch immer gute Umsätze damit gemacht. Das ist letztendlich auch entscheidend!
Hat sich das heute verändert?
Im Grundsätzlichen eigentlich nicht, aber die Online-Entwicklung ist natürlich heute ein wesentlicher Bestandteil der Einzelhandelsstrategie. Dennoch müssen Themen weiterhin visuell dargestellt werden. In einem Geschäft sollten die Marken nicht nur gut sichtbar und sortimentsstark sortiert sein, sondern ein echtes Einkaufserlebnis bieten. Reines Cherry-Picking funktioniert nicht! Es
wird immer wieder erfolgreiche Händler geben, die darüber hinaus ihre eigenen Erlebniswelten kreieren. Dennoch sollte niemals vergessen werden, wie stark erfolgreiche Marken als tragende Säulen von den Konsumenten im Einzelhandel wahrgenommen werden. Das konnte man auch an Aldi beobachten, die merkten, dass es mit Marken einfach besser geht.
Man sieht, das Thema Marke ist sehr komplex. Die allerbesten Botschafter einer Marke sind natürlich die Namensträger, wenn es die denn gibt. Sowohl Philip Rosenthal als auch Anton-Wolfgang Graf von Faber-Castell waren starke Unternehmerpersönlichkeiten und damit die besten Botschafter ihrer jeweiligen Marken. Das ist natürlich unschlagbar!