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Role Model: Susanne Harring

Die Vorreiterin

Um in einer männerdominierten Branche bei einem italienischen Unternehmen Karriere zu machen, erfordert es eine beeindruckende Mischung aus Kompetenz und Durchsetzungsvermögen: Dass es gelingen kann, beweist Susanne Harring, Geschäftsführerin von De‘Longhi Deutschland und Österreich.

Wird einem das Karriere-Gen in die Wiege gelegt?
Das würde ich nicht unbedingt sagen, aber ich wurde von meinen Eltern, insbesondere von meiner Mutter, ohne Limits erzogen. Meiner Schwester und mir stand die Welt offen. In diesem Sinne, stärkte sie unser Selbstbewusstsein. In meiner schulischen und universitären Laufbahn wurde ich stets von meinem Elternhaus unterstützt. Deshalb hatte ich schon immer ein gutes Selbstbewusstsein, bevor ich meine berufliche Laufbahn begann.

Gab es auch ein Korrektiv?
Das Korrektiv kommt aus dem Freundeskreis, besonders im Teenageralter. Man musste dort immer seinen Platz finden und konnte nicht immer alleine ganz vorne sein. Das gilt bis heute!

Ist es aus Ihrer persönlichen Empfindung heraus schwieriger, als Frau Karriere zu machen?
Bei Philips, wo ich vor 20 Jahren begann, herrschte ein niederländisch geprägter Führungsstil mit flachen Hierarchien. Das Unternehmen bot Frauen und Männern gleichermaßen Chancen. Ich fühlte mich dort gut aufgehoben und konnte früh Verantwortung übernehmen. Ich habe nie einen Unterschied zwischen den Geschlechtern in Bezug auf Karrierechancen gespürt, zumindest bis zu einem gewissen Level. Es gab jedoch Situationen, in denen ich auf Geschlechterstereotypen stieß. So wurde mir beispielsweise geraten, in Meetings meine Haare offen zu tragen, um freundlicher zu wirken. Solche Kommentare zeigen, dass es unterschwellige Unterschiede gibt, wie Frauen und Männer wahrgenommen werden.

Seit Anfang 2021 Geschäftsführerin der De’Longhi Deutschland GmbH und seit 2023 ebenfalls von De’Longhi Österreich, nachdem sie bereits zwei Jahre im Unternehmen als Commercial Director die Vertriebsaktivitäten führte. Davor viele Jahre bei Philips in Hamburg unter anderem als Commercial Director Consumer Lighting DACH tätig.


Was dürfen Frauen, was Männer nicht dürfen?
In Verhandlungen darf ich mir als Frau eher einen flapsigen Ton erlauben oder mal einen Witz machen, was bei Männern schnell als Angriff gewertet würde. Frauen verhandeln oft direkter und klarer, ohne das „Trommeln auf die Brust“. Wenn Verhandlungen nach Schema F verlaufen, nehme ich mir mittlerweile das Recht heraus, zu sagen, dass ich wiederkomme, wenn ernsthaft diskutiert wird. Es hat sich gezeigt, dass Kunden das respektieren und verstehen. Mich zeichnet ein hohes Maß an Authentizität aus. Daher ist mein Verhandlungsstil klar und direkt, ohne taktische Spielchen. Für mich ist es wichtig, dass die Leute wissen, was sie von mir erwarten können, das ist Handschlag-Qualität.

Was sollte eine Frau mitbringen, um Karriere zu machen?
Derzeit arbeite ich gerade an einem Vortrag für die Konferenz „X-Change“ von „Mission Female“. Inhaltlich befasse ich mich unter anderem mit dem Buch „Lean In“ von Sheryl Sandberg, das vor elf Jahren erschienen ist und in meinem Leben eine wichtige Rolle gespielt hat. Dort geht es eben auch darum, dass man als Frau nicht immer mit dem Finger auf die Gesellschaft, die Politik oder auf die Unternehmen zeigen sollte. Vieles fängt damit an, wie man sich selbst wahrnimmt und was man sich zutraut. Frauen haben eine gewisse Scheu. Es gibt Studien, in denen herausgefunden wurde, dass Männer sich tendenziell eher überschätzen. Wir Frauen sind in dieser Hinsicht vermutlich etwas realistischer und zurückhaltender. Das heißt aber im Umkehrschluss, dass sich Frauen auch dann bewerben sollten, wenn sie glauben, dass nicht alle Anforderungen erfüllt sein könnten. Es ist wichtig, festzustellen, dass auch andere nur mit Wasser kochen, um sich dann eher etwas zuzutrauen. Auch die Position als Geschäftsführerin ist meiner Meinung nach keine Raketenwissenschaft. Dennoch muss ich an den Karriereschritten dranbleiben, die ich als Nächstes erreichen möchte und an mich glauben.

Wie halten Sie es mit der Frauenquote?
Lange war ich gegen die Frauenquote, da ich in meiner Karriere keine Hindernisse aufgrund meines Geschlechts gespürt habe. Als Geschäftsführerin habe ich jedoch gemerkt, dass es anders bewertet wird, eine Frau in dieser Position zu sein. Umgekehrt kann ich auf diesem Niveau natürlich einiges beeinflussen und bewegen. Es ist bekannt, dass in Unternehmen Männer eher Männer und Frauen eher Frauen nachziehen. Um dieses Muster zu durchbrechen, könnte eine Frauenquote, zumindest für einen gewissen Zeitpunkt, sinnvoll sein. Denn nur so wird es gelingen, mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen. Es gibt also überhaupt keinen Grund, warum auch andere Firmen nicht ähnlich aufgestellt sein sollten. Das gilt auch für unsere Branche, mit 148 Geschäftsführern und nur zwei Geschäftsführerinnen.
Bei De’Longhi haben wir inzwischen eine Frauenquote von über 50 Prozent und dadurch in den vergangenen eineinhalb Jahren 17 Schwangerschaften. Ich bin besonders stolz darauf, dass die Mütter nach der Auszeit alle zurückgekehrt sind oder planen, nach dem ersten Jahr – und nicht erst nach fünf Jahren – zurückzukehren. Allerdings teilt sich nur eine der 17 Frauen die Elternzeit paritätisch mit ihrem Mann. Und das sagt natürlich auch etwas aus. In ihrem Buch schreibt Sheryl Sandberg, dass eine erfolgreiche Frau einen Partner haben sollte, der sie bei dem Thema Kindererziehung unterstützt. Es ist schade, dass wir hier noch nicht weiter sind. Es ist an uns Frauen, unsere Partner in die Pflicht zu nehmen.
Natürlich hat sich in den vergangenen Jahren viel getan. Dennoch werde ich nicht müde zu sagen, dass Frauen ihre Karriere selbst in der Hand haben. Auf dem Weg dahin müssen sie aber eben auch ein Stück eigenständig gehen. Heute lässt sich das private und berufliche Leben durch flexible Arbeitszeiten und Home Office deutlich besser verbinden, als noch vor zehn Jahren. Dennoch haben wir uns nicht signifikant weiterentwickelt. An diesem Punkt sollte man regelmäßig ansetzen, um darauf hinzuweisen, dass Frauen sich zumindest bewusst für oder gegen eine Karriere entscheiden sollten.

Wie lief es bei Ihrer Bewerbung als Geschäftsführerin?
Also eins kann ich direkt verraten, es war kein Selbstläufer. Mein Vorteil war damals, dass ich bereits Erfolge als Commercial Director vorweisen konnte, nachdem ich die De‘Longhi-Vertriebsstrategie in Deutschland auf links gedreht hatte. Dazu gehörte etwas Mut, ein gutes Konzept und viel Überzeugungsarbeit. Es hatte sich dann herausgestellt, dass es der richtige Weg war, langfristig profitabel zu wachsen und Marktanteile zu gewinnen. Italien wäre von sich aus nicht auf mich gekommen, aber ich hatte ja etwas vorzuweisen und habe aktiv meine Hand gehoben und einen Businessplan vorgelegt, wie ich das Unternehmen führen würde. Das war mein Schlüssel zum Erfolg.

Die neue Rivelia von De‘Longhi mit praktischem Bean Switch System

Gibt es so etwas wie ein Erfolgsgeheimnis?
Man sollte authentisch bleiben und sich selbst nicht zu ernst nehmen. Freundlichkeit und Respekt auf allen Ebenen sind wichtig. Es geht nicht nur darum, zu Leuten, die einem etwas bringen, nett zu sein, sondern man sollte allen Menschen auf Augenhöhe begegnen. Diese Fähigkeit hat mir geholfen, ein gutes Arbeitsumfeld zu schaffen.
Darüber hinaus ist mir die Offenheit nicht nur gegenüber den verschiedenen Geschlechtern, sondern auch gegenüber den verschiedenen Nationalitäten ganz wichtig. Diversität gehört für mich zur Unternehmenskultur. Es wird immer wieder Krisen und Herausforderungen geben. Wenn man da als Unternehmen flexibel bleiben will, muss man sich divers aufstellen, um die unterschiedlichen Sichtweisen zu bekommen.
Natürlich tun wir auch etwas dafür, motivierte Mitarbeitende zu finden. So bieten wir flexible Arbeitszeiten, Kinderbetreuung, Company Bikes und eine Altersvorsorge an. Auch wenn der Altersdurchschnitt 41 Jahre ist, fühlen wir uns als junges und dynamisches Unternehmen bestehend aus einem guten Mix aus jungen und erfahrenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Wir haben als Unternehmenssprache Englisch eingeführt, um für verschiedene Nationalitäten offen zu sein.
Es ist, glaube ich, ganz wichtig, dass man sich mit dem Unternehmen identifiziert und das weit über die Produkte hinaus.

Möchten Sie noch etwas der Männerwelt mitgeben?
Geschäftsführer sollten immer eine Frau im Auswahlprozess dabeihaben, da Frauen Entscheidungen anders überdenken. Das ist ein ganz wertvoller Tipp. Darüber hinaus würde ich mir auch von den Männern wünschen, in Meetings oder bei Veranstaltungen aufzustehen, wenn sexistisches Verhalten auftritt und klar Stellung zu beziehen. Diversität im Allgemeinen, auch hinsichtlich verschiedener Nationalitäten, ist entscheidend für den Erfolg eines Unternehmens. Unterschiedliche kulturelle Hintergründe und Charaktere bereichern die Unternehmensführung und helfen, flexibel auf Herausforderungen zu reagieren.


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