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Role Model: Klaus Schmelzeisen

Er ist der geborene Networker. Sein untrügliches Gespür für Märkte und Potenziale haben ihn zu einem erfolgreichen Manager gemacht. Vorhang auf für Klaus Schmelzeisen, den George Clooney der Branche.

Was waren die Grundlagen für Ihren Erfolg?
Das Thema Networking habe ich bereits in einer Zeit beherrscht, in der noch niemand den Begriff kannte. Es war mein Ziel, über alle Hierarchie- und Generationenebenen hinweg Verbindungen aufzubauen. Über dieses Netzwerk habe ich eine Menge erreicht, nicht nur persönlich, sondern vor allen Dingen auch für die Unternehmen. In zahlreichen Gesprächen konnte ich sehr viel über den Markt und die Branche lernen. Und ich hatte immer das Gefühl, dass alle gerne mit mir Kontakt hatten.

Das kann ich nur bestätigen! Kann man diese Eigenschaften erlernen?
Sicherlich lassen sich Feinheiten trainieren, wenn ich allerdings kein Menschenfreund bin, dann sollte ich diesen Job nicht machen. Grundsätzlich war ich allen Menschen gegenüber positiv eingestellt. Das ging oft so weit, dass sich daraus Freundschaften entwickelten. Natürlich gab es auch immer Personen, bei denen es auf der rein sachlichen Ebene blieb. Die wichtigste Voraussetzung für diesen Beruf ist, dass man Menschen mag und auch auf sie zugehen kann.

Wie wichtig ist der Faktor Mensch heute im Vertrieb?
Dieses Thema ist so alt wie ich am Verkaufen bin und es wird immer wieder darüber diskutiert. Trotz Digitalisierung und KI halte ich es nach wie vor für falsch, den Faktor Mensch im Verkauf außen vor zu lassen. Bis heute merke ich, wie sehr es Handelspartner genießen, wenn sich jemand für sie und ihr Geschäft interessiert. Je besser man das kann, ohne den Leuten auf die Nerven zu gehen, umso mehr Vorteile hat man. Bei den Firmen, für die ich heute beratend tätig bin, stelle ich immer wieder fest: Wenn einer jemanden kennt, der einen kennt, dann ist das kein Nachteil. Daher halte ich den persönlichen Kontakt weiterhin für sehr wichtig. Der Mensch ist ein kommunikatives Wesen und freut sich über den Austausch. Je mehr Unternehmen an dieser Stelle einsparen, desto größer ist der Vorteil derjenigen, die den direkten Kontakt noch betreiben.

Und wie wichtig ist die Auswahl der Unternehmen?
Auch wenn ich noch so gute Kontakte habe, kann ich keine schlechten Produkte verkaufen. Das geht vielleicht einmal gut, wenn es aber erneut passiert, dann wäre der Bonus weg. Insofern sollte man sich sehr genau überlegen, für welche Marken man antritt. Ich war immer an einem langfristigen Geschäft interessiert. Und dafür ist die Marke und deren Preis-Leistungsverhältnis natürlich enorm wichtig. Die Auswahl oder ein Wechsel sollte daher immer sehr gut durchdacht sein!

Und dennoch sind Sie von Leifheit zu der damals völlig unbekannten Marke Ballarini gewechselt?
Nach 26 Jahren Leifheit zu Ballarini zu wechseln, war für mich und die Branche wie ein kleines Erdbeben. Damals habe ich mir die Fabrik in Italien zweimal angeschaut, um einzuschätzen, wie das Unternehmen aufgestellt ist. Die Qualität war so, dass es passte, aber die Marke hatte in Deutschland keinerlei Bedeutung. Dass wir mit Ballarini in Deutschland aus dem Nichts über 20 Millionen Euro Umsatz erreichen konnten, ist eine Sache, auf die ich wirklich stolz bin. Um das zu erreichen, mussten wir uns gegen große Marken durchsetzen, denn damals hat in Deutschland kein Mensch Pfannen gebraucht.

Am Anfang der Karriere standen Kaiser Backformen
Die Marke Ballarini war beruflich eine große Herausforderung

Wie etabliert man eine Marke am Markt?
Eigentlich ist der anstrengendste Teil, in der Fabrik alles auf den Kopf zu stellen. Der Hersteller muss bereit sein, zu investieren. Ballarini hatte kein einheitliches Verpackungskonzept und keine Corporate Identity. So haben wir die gesamten Sortimente erst einmal umgestellt. Damals habe ich Giuseppe Ballarini gesagt, dass er mich in den ersten 12 Monaten nicht nach dem Umsatz fragen solle. Und da ich durch die Umstrukturierungen in den ersten Monaten nichts erzählen konnte, war ich auch bei keinem Kunden. Als alle Aufgaben erledigt waren, habe ich meine Kontakte angesprochen. Irgendwann gibt es dann einen Kipppunkt. Man braucht einen ersten, repräsentativen Kunden. Sobald man den gewonnen hat, geht man einfach zum nächsten Kunden und erzählt ihm, dass man bereits gelistet ist und gute Umsätze macht. Unser erstes Aushängeschild 2006 war Karstadt. Damals hatte das Kaufhaus eine hohe Bedeutung im Haushaltswarenbereich. So haben wir uns Kunde um Kunde geholt und zwar aus allen Vertriebskanälen. Und natürlich ist die Markenbekanntheit nur über die breite Distribution gelungen. Auch die Fachpresse war eine große Hilfe, in deren Berichterstattung wir immer etwas größer erschienen, als wir tatsächlich waren. Aber so sind viele auf uns aufmerksam geworden.
Das Reinverkaufen an sich war dann wie das erste Semester im Studium. Aber es ging uns immer darum, wie bereite ich den Abverkauf der Ware strategisch vor. Das ist der viel wichtigere Teil und das gilt für etablierte Hersteller genauso wie für neue Marken. Manchmal war ich verwundert, dass selbst große Marken den Händlern keine Abverkaufskonzepte geliefert haben. Denn am Ende muss der Händler die Ware wieder loswerden.

Und wie erreicht man das?
Um diese Frage zu beantworten, muss ich ein bisschen ausholen: Als ich bei Leifheit Gebietsverkaufsleiter war, gab es einen sehr wichtigen Termin bei dem Direktor von Hertie. Alle waren im Vorfeld aufgeregt. Ich hatte den Mut, dem Vorstandsvorsitzenden und meinem damaliger Chef einen Vorschlag für die Präsentation zu unterbreiten.
Bereits 1986 habe ich begonnen anhand betriebswirtschaftlicher Zahlen aufzuzeigen, welcher Umsatz auf welcher Fläche erwirtschaftet werden kann. Das habe ich dann auch für Hertie gemacht. So konnten wir das Vertrauen des Direktors gewinnen und bekamen die Gelegenheit, alle Hertie-Niederlassungen in Deutschland zu beliefern. Natürlich musste ich wöchentlich an Hertie berichten. Nachdem alles erfolgreich lief, wurde ich von Leifheit zum Key Account Manager und später zum Vertriebsleiter mit Prokura befördert. Diese eine Präsentation hat damals meine Karriere nachhaltig beeinflusst.

Das war natürlich ein mutiger Schritt. Was würden Sie an junge Menschen gerne weitergeben?
Da tue ich mich immer schwer, denn es hat sich sehr viel verändert. Heute ist wahrscheinlich manches in der Form nicht mehr möglich. Aber ich habe ein paar Dinge, von denen ich glaube, dass sie immer noch gelten: Es ist nach wie vor wichtig, einen vernünftigen Kontakt zu Menschen aufzubauen, der teilweise sogar über das rein Geschäftliche hinaus geht. Wer heute in den Vertrieb möchte, sollte gerne mit Menschen zu tun haben und ansonsten die Finger davon lassen. Darüber hinaus sollte man immer aufmerksam zuhören, denn so lernt man am meisten über den Markt und die Kunden. Und in ganz vielen Fällen hat bei mir der gesunde Menschenverstand so richtig gut geholfen.

Hatten Sie als junger Mann konkrete Ziele?
Als Lehrling durfte ich meinen Chef zur Domotechnica nach Köln begleiten. Auf den Messeständen saßen die Repräsentanten der Hersteller im Anzug und boten uns ein Gläschen Sekt mit ein paar Knabbereien an. Ab diesem Moment war es mein Ziel, auf die andere Seite des Tisches zu kommen. Und das ist mir am Ende auch gelungen.


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