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Roboter – Das Ei des Kolumbus?

Die Roboter kommen, heißt es in vielen Medien. Dabei sind selbsttätige Arbeitshilfen schon längst im Einsatz und populärer denn je – in Haushalt, Küche und Garten. Sie haben Vor- und Nachteile und große Marktchancen.

Deutscher Roboter Armar III: Soll vor allem alten und kranken Menschen im Haushalt mit künstlichen Handgriffen helfen (Fotonachweis: Karlsruher Institut für Technologie)

Ein Roboter ist eine technische Apparatur, die üblicherweise dazu dient, dem Menschen mechanische Arbeit abzunehmen. Roboter können sowohl ortsfeste als auch mobile Maschinen sein und werden von Computerprogrammen gesteuert“: Nüchtern-neutral wie die Materie selber kommt die Definition von Robotern bei der deutschen Ausgabe des Online-Lexikons Wikipedia daher.
Danach liegt der Ursprung des Begriffes in dem tschechischen Wort „robota“, das „Frondienst“ bedeutet. Das Bild von der gezüchteten menschenähnlichen Figur wurde vor rund hundert Jahren von den Schriftstellern Josef und Karel ?apek geprägt. Dabei griffen die Brüder die in der jüdischen Mystik weit verbreitete Figur des Golems auf, die ein aus Lehm gebildetes Wesen von gewaltiger Größe und Kraft darstellt, das Aufträge ausführen kann. Heute bezeichnet man solche Maschinenwesen, deren Vorstellung vor allem von den osteuropäischen Science-Fiction-Autoren Isaac Asimov und Stanis?aw Herman Lem im vergangenen Jahrhundert vertieft wurden, auch als Androiden.
Nebenher hat sich der Begriff des Automaten oder Halbautomaten für Maschinen etabliert, die vorbestimmte Abläufe selbsttätig ausführen. Während Industrieroboter und automatisierte Prozessanlagen schon seit längerer Zeit in der Wirtschaft eingesetzt werden, waren humanoide Roboter und künstliche Gehilfen für den privaten Bedarf bisher eher eine künstlerisch oder forschungstechnisch umgesetzte Vision.

Roboter rund ums Haus

„Wir sind die Roboter … Wir laden unsere Batterie, jetzt sind wir voller Energie … Wir funktionieren automatik, jetzt wollen wir tanzen mechanik … Wir sind auf alles programmiert, und was Du willst wird ausgeführt“: Fast 40 Jahre nach dem populären Musiktitel der Düsseldorfer Kultband Kraftwerk „tanzen“ Roboter wirklich auf dem Parkett oder Rasen. Seit wenigen Jahren werden Staubsaug-, Wisch- und Mäh-Roboter wie zum Beispiel der Kobold VR200 von Vorwerk, der iRobot Scooba 450 oder Bosch Indego immer beliebter. Auch andere bekannte Markenhersteller mit unterschiedlichem Kerngeschäft mischen in den entsprechenden Märkten für Haushaltsgeräte (Dirty Devil, Dyson, LG, Medion, Miele, Severin, Vileda und weitere Anbieter) oder Gartengeräte (Al-Ko, Gardena, Honda, Husquarna, Sabo und weitere) munter mit. Dazu drängen relativ unbekannte Spezialisten, Eigenmarken von Vertriebsfirmen oder Baumärkten und auch chinesische Billigheimer in diese Roboter-Märkte.
Bei den Mährobotern verzeichnen die Marktanalysten der GfK (Gesellschaft für Konsumforschung) ein „zunehmendes Interesse der Verbraucher an neuen Technologien, die ihnen auch im Garten die Arbeit erleichtern“. Laut GfK stieg im ersten Halbjahr 2016 der entsprechende Absatzwert in Westeuropa um mehr als 37 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum auf 127 Millionen Euro. Hier kommt der deutsche Markt mit großem Abstand zu den Niederlanden und einem Wachstum von 41,5 Prozent immerhin auf den zweiten Platz. Der Umsatzanteil von Mährobotern, die mit dem Handy bedient werden können, lag in den ersten sechs Monaten 2016 in Westeuropa bereits bei knapp 50 Prozent, wobei hier Frankreich der Primus ist. Die Arbeit des Arbeitskreises „After Sales“ im deutschen Herstellerverband IVG (Industrieverband Garten), die sich ausdrücklich mit den Dienstleistungen rund um Rasenrobotern beschäftigt, zeigt, dass diesem Bereich und dem „Smart Gardining“ mit die Zukunft gehört.

WMF Profi Plus Beef Special Edition / Erweiterter Funktionsumfang (Fotonachweis: WMF Group GmbH)

Hightech-Zusteller: Lieferroboter mit Transportfach kommt an die Haustür (Fotonachweis: Starship Technologies)

Die Berater von Boston Consulting rufen die „Robotic Revolution“ aus und rechnen damit, dass – ausgehend von einer heutigen Automatisierungsrate von zehn Prozent – Roboter in den nächsten zehn Jahren bis zu 25 Prozent aller Produktionsarbeiten durchführen und sich die jährliche Wachstumsrate des Sektors verdreifachen wird. Ansonsten ist es für Marktbeobachter derzeit noch schwierig, sich – im Gegensatz zu den Zahlen erfolgreicher Marktanbieter und Produktpioniere – einen Überblick über die positiven Effekte in den Produktsegmenten und dem gesamten Marktgeschehen der Technikroboter zu verschaffen. „Letztlich entscheidet der Anwender über den Nutzen eines Serviceroboters als Relation von Nutzwert und Kosten. Für neue Märkte sind Produkte beziehungsweise Serviceroboter-Anwendungen zu finden und umzusetzen, die im Alltag durch ihren Gebrauchsnutzen überzeugen und Wirtschaftlichkeitsforderungen gerecht werden“, dieses Zwischenurteil einer Fraunhofer-Studie dürfte für alle privaten wie gewerblichen Robotereinsätze gelten.

Doch was zeichnet Reinigungs- und Rasenroboter eigentlich aus? Zunächst verfügen die selbsttätigen Geräte im Unterschied zu den üblichen manuell bedienbaren Hilfen über stromspeichernde Akkumulatoren, Software für den Reinigungs-, Navigations- und Zeitmodus sowie für die Synchronisierung mit den Zubehörkomponenten, ferner über Sensoren- oder Kameratechnik, eine Fernbedienung, die alternative Steuerungsmöglichkeit über eine spezielle Computer-Applikation (App) und über Zubehör wie etwa Abstandshalter und Begrenzungsdrähte und -kabel. Die Roboter arbeiten im Gegensatz zu den gewöhnlichen Geräten relativ leise, energiesparsam und umweltschonend, sind aber systembedingt langsamer, empfindlicher und teurer. Bei der Arbeitsleistung stoßen sie in punkto Fläche, Dauer und Intensität mitunter noch an ihre Grenzen, genauso beim Erkennen des Untergrundes und von Gegenständen.

Eierlegende Wollmilchsau

Auch in der Küche haben sich neben herkömmlichen Haushaltgeräten mit Teilfunktionen wie elektrischem Herd und Ofen, Tee- und Eierkocher, Toaster oder Kaffeevollautomaten auch Alleskönner etabliert. Multifunktionale Küchenmaschinen können aufschlagen, rühren, pürieren, mixen, kneten, zerkleinern, mahlen, schneiden, raspeln, hobeln und sogar abwiegen, backen, dünsten, garen, kochen, frittieren oder Fleisch durch den Wolf drehen und Würste fabrizieren. Das Ganze soll einfach, bequem und ohne herkömmliche Kraftanstrengung funktionieren, benötigt aber auch einen kraftvollen und damit Strom fressenden und nicht gerade leisen Motor.
Nach den robusten Produkten des US-Pioniers KitchenAid haben auch europäische Markenhersteller wie AEG, Ankarsrum/Elektrolux, Bosch, Braun, Elektrolux, Krups, Küchenmaschine, Moulinex, Siemens oder Starmix solche Universalküchenmaschinen auf den Markt gebracht. In den ersten und mittleren Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts und damit in der mittlerweile antiquierten Zeit typischer Hausfrauenarbeit galt ein solches Produkt noch als teurer Luxus. Es hat sich zum Ende dieser Epoche aber auch durch immer mehr Singlehaushalte, Preis reduzierende Kunststoffkomponenten und damit einhergehende gestiegene Nachfrage durchgesetzt.
Heute gelten kranförmige Küchenmaschinen mit hohem Anteil und Behältern aus Edelstahl im glänzend-modernen oder bunten retrospektiven Design als Nonplusultra wie etwa von KitchenAid, Ariete, Gastroback oder dem britischen Hersteller Kenwood. Unabhängig davon hat der Hersteller und Direktvertriebler Vorwerk eine andere Kategorie von Küchenmaschinen geschaffen, die sich durch das Design, den Funktionsumfang und einen kleinen, aber feinen Unterschied bisher hervorgehoben hat: Bei der nach Herstellerangaben „einzigartigen Küchenmaschine“ Thermomix ist der Behälter im abgeschrägten Kunststoff-Gehäuse versenkt und lässt sich durch Aufsätze ergänzen. Das aktuelle Modell TM5 vereinigt zwölf Funktionen und verfügt wie bei der Herstellerlinie üblich über ein rotierendes Messer mit mehreren Klingen. Durch die scharfe und stumpfe Seite der Messerklingen beziehungsweise durch den Links- und Rechtslauf können Lebensmittel zerkleinert oder umgerührt werden.
Zu einer Art Roboter wird das Gerät durch das über ein elektronisches Rezeptverzeichnis und per App angeleitete Kochen in Kombination mit der automatischen Kontrolle und Regelung des Kochvorgangs. So sind Zeit, Temperatur und Geschwindigkeit für jeden Schritt voreingestellt. Das mit einem Verkaufspreis von 1.199 Euro teure Original ahmen die Eigenmarkengeräte diverser Onlinehändler und Discounter genauso wie die klassischen Küchenmaschinen zu einem Bruchteil des üblichen Preises nach, ohne aber an deren Qualität, Zuverlässigkeit, Ausstattungs- und Funktionsvielfalt sowie vorteilhaften Eigenheiten heranzureichen.
Die beide Muster à la KitchenAid und Thermomix verkörpern zwei unterschiedliche Philosophien: Auf der einen Seite steht die kocherfahrene Zielgruppe der Genießer, die sich mit dem Hilfsmittel mühsame Arbeitsvorgänge ersparen will und auf der anderen Seite eine eher eilige, besonders bequeme oder recht unerfahrene Kundschaft, die an die Mär von der „Eierlegenden Wollmilchsau“ glaubt.

Revolutionär: Die Roboterküche kommt im Jahr 2018 auf den Markt (Fotonachweise: Olga Nasalskaya / Moley Robotics)

Kommt die Küchenrevolution?

Letztere kommt erst noch auf den Markt: Das britische Start-up Moley Robotics will demnächst die weltweite erste Roboterküche einführen. Das Konzept umfasst eine Küchenzeile mit integriertem Riesendisplay, Haushaltsgeräten und Waschbecken sowie mit einer vor Geräuschen, Gerüchen und Spritzern schützenden Glasscheibe im Arbeitsbereich. Hier stellen die Nutzer Kochgeschirr, Geräte, Werkzeuge, Lebensmittel und Essensgeschirr auf der mittleren Ebene bereit, die dann wiederum von oben durch zwei Roboterarme bedient werden.
Die vielfältigen Abläufe zum Bearbeiten der Lebensmittel und den einzelnen Arbeitsgängen sind vorprogrammiert und verarbeiten die Informationen aus einer erweiterbaren elektronischen Daten- und Rezeptbank. Der Küchenroboter, der durch zahlreiche Motoren und Sensoren unterstützt wird, soll nach Herstellerangaben sogar nach dem Essen noch das Reinigen der benutzten Arbeitsflächen und Spülen der Küchenaccessoires besorgen.

Praktischer Knackpunkt der genialen Idee dürften neben der Elektronik mit ihren komplizierten Algorithmen die Zuverlässigkeit und Betriebsdauer der gesamten Technik, die Energiekosten und die Servicebetreuung sein. Die Kundenresonanz ist auch von der Verfügbarkeit, der Anzahl der Rezepte (die mit 2.000 angekündigten Anleitungen das derzeitige Thermomix-Basisvolumen erreichen würde), dem Versprechen des Meisterküchen-Niveaus, der Umweltfreundlichkeit der Materialien und vom kolportierten Verkaufspreis um die 14.000 Euro abhängig. „Es wird so viel kosten wie eine reguläre Küche“, behauptet Moley-Chef Mark Oleynik. Der Computerwissenschaftler verwirklicht seine Idee seit dem Jahr 2014, hat im Folgejahr Moley Robotics gegründet und sein Konzept erstmals im April 2015 auf der weltweiten Industrie-Leitveranstaltung Hannover Messe präsentiert. Während der Prototyp der Roboterküche weiter entwickelt wird, konnten die Entwickler über eine Crowdfunding-Kampagne Investitionsgelder in Höhe von umgerechnet über einer Million Euro einstreichen. Zu einer Anfrage von Trend&Style zum Produktlaunch und den Details der Vertriebsorganisation, erklärt die Presseabteilung von Moley folgendes: „Die fertige Moley-Küche mit allen Küchenmöbeln, Geräten und den Roboterhänden wird in Europa (und Deutschland sowie in einem der Zielgebiete für die Expansion) im Jahr 2018 zur Verfügung stehen.

Paul begrüßt und hilft : Ein Roboter unterstützt bei Saturn als Empfangschef die Mitarbeiter (Fotonachweis: Saturn/ Media-Saturn-Holding GmbH)

Pepper unterhält Kunden: Spezialisten erweitern Spielraum (Fotonachweis: SoftBank Robotics)

Was die Vertriebskette anbetrifft, haben wir den Ansatz nicht endgültig definiert.“ Dementsprechend erwähnt die Pressesprecherin bei der Frage nach Vertriebs- und Servicepartnern nur die mögliche Präsenz über „markante Ausstellungsräume, Marktplätze und Online-Einrichtungen“.

Serviceroboter sind „IN“

Während echte Küchenroboter also noch auf sich warten lassen, sind schon die ersten Informations- und Serviceroboter unterwegs. Die Verspieltheit und Innovationsfreude vor allem der Japaner drückt sich hier in knuddelig wirkenden Robotern aus, die als Spielzeughund für Kinder, als therapeutisches Stofftier für kranke und insbesondere demente Menschen oder als humanoide Gefährten zur Unterhaltung dienen. Dazu kommen serviceorientierte Roboter für den Haushalt wie etwa „Armar“, ein lernendes Geschöpf des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), das verschiedene Tätigkeiten ausführen kann. Es kann zum Beispiel ein wirklich „selbstbestimmtes Leben im Alter“ ermöglichen, was eine Forsa-Studie im Auftrag des Bundesbildungs- und forschungs