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Männer at home – Wie sich der moderne Mann einrichtet

Das Bild und Handeln des Mannes verändert sich wie die ganze Welt. Expertenmeinungen und Studien bestätigen manches Muster, bieten aber auch überraschende Erkenntnisse.

Hulk-Faust-Wandleuchte: Gimmick für junge Männer. Und möglicherweise ihre Antwort auf eine US-Studie (Fotonachweis: Radbag.de)

Die Welt ist gehörig im Wandel – dabei suchen die Menschen zunehmend ihre Position. Schleichend werden die althergebrachten und mitunter bequemen Rollenmuster durchbrochen und als Gegenreaktion auch wieder gerne überbetont. Während ein krawalliger US-Präsident Trump oder ein fitnesswahnsinniger Russland-Präsident Putin ihre Männlichkeit in aller Öffentlichkeit inszenieren, nutzt der gewöhnliche Mann seine Nischen, um sich in Bereichen wie dem Grillen sprichwörtlich als Ernährer zu behaupten (siehe Bericht „Tarzans Schrei nach neuem Statussymbol“, KitchenTrend 03/2016).
„Vom Versorger und Familienoberhaupt zum Teilzeit-Papa und Frauenversteher. Vom behaarten James Bond-Macho zum perfekt epilierten sensiblen Liebhaber. Das ist eine ganz schön umfangreiche Wandlung, die die Herren der Schöpfung in den letzten Jahrzenten absolviert haben“, heißt es beim Online-Portal Single.de. In einem Artikel erklären die Dating-Experten ihre Sichtweise, dass „die meisten Männer des modernen Rollenbildes sich eine Beziehung auf Augenhöhe wünschen“ würden und es für sie selbstverständlich sei, Aufgaben im Haushalt zu übernehmen und der Familie den Vorrang gegenüber dem Beruf einzuräumen: „Im Gegensatz zu vergangenen Jahrzehnten gibt es heute viele verschiedene Möglichkeiten, die Rolle ,Mann’ auszuleben. Wichtig dabei ist, dass Männer selbst aktiv werden und herausfinden, wie sie leben wollen und wie ihr eigener persönlicher Entwurf eines modernen Mannes aussieht, dann lassen sich auch die Vorteile der neuen Männerrolle am besten genießen.“

Bewegte Männer

Vor geraumer Zeit hat schon eine repräsentative Studie der Katholischen und der Evangelischen Männerarbeit im Vergleich zur Vorgängerstudie aus dem Jahr 1998 festgestellt, dass selbst Männer mit traditionellen Wertvorstellungen offener für andere Lebensmodelle geworden sind.
Die auch als Forschungsband vorliegende Studie „Männer in Bewegung“ identifiziert vier Typen von Männern: Zum traditionellen Mann, der sich vornehmlich über den Beruf definiert und als Familienernährer sieht und dementsprechend Kinder und Haushalt der Frau überlässt, gibt es den Gegenentwurf des modernen Mannes, der bei Rollenverteilung, Haushalt und Haushaltseinkommen gleichberechtigt denkt und handelt. Zwischen diesen beiden Positionen tummeln sich der balancierende Mann, der sich bei seinem Lebenskonzept aus traditionellen und modernen und damit aus für ihn passenden Elementen bedient, und der suchende Mann, der sein Leitbild und damit seinen festen Platz in Beruf, Familie und Gesellschaft noch nicht gefunden hat.

Sein Revier – Mann bleibt Mann in seiner (Wohn-) Höhle: „Betreten auf eigene Gefahr“ (Fotonachweis: Pressloft.com/The Contemporary Home)

Moderner Männer-Prototyp: Hipster zelebrieren ihre Männlichkeit auf unkonventionelle Art und Weise (Fotonachweis: kingofwallpapers.com)

Egal, ob der moderne Mann schon in glücklichen Verhältnissen lebt oder als Junggeselle etwas zur weiter steigenden Anzahl der Haushalte beiträgt, er will heutzutage nicht nur eine funktional ausgerichtete, sondern auch eine ästhetisch eingerichtete Wohnung.
„Wenn Männer sich eine gute, stimmige Einrichtung zusammenstellen, tun sie das selten nur aus Selbstzweck – es geht immer auch um Selbstdarstellung, sie wollen einen Status repräsentieren“, erklärt der Münchner Raumpsychologe Uwe Linke.

Äußere Einflüsse

Der Wohnberater sieht dieses erfahrungsgemäß in Bezug zum Berufsumfeld der Männer: „Bestimmte Berufsgruppen orientieren sich an Vintage – wer etwa Geschichte studiert hat, spürt eher einen Bezug zur guten alten Zeit. Wer ein Faible für Garten und Blumen besitzt, fühlt sich mit dem Landhausstil wohler. Wer ein glattes Image vermitteln möchte und seine Gefühle nicht zeigen, aber etwas repräsentieren will, richtet sich puristisch ein.“ Als weitere Motive sieht Uwe Linke die Sehnsucht nach einer bestimmten Welt oder den Ausdruck der jeweiligen Persönlichkeit. Der Landhaus-Stil steht somit auch für den Wunsch nach einer heilen Welt und der nordische Stil für das Bedürfnis nach Einfachheit und Echtheit. Solche Menschen würden Holz als Gestaltungsmittel bevorzugen und legten damit mehr Wert auf Authentizität und ein kerniges Wesen, denn auf einen perfekten Auftritt, so Uwe Linke.
Dafür steht derzeit vor allem die wiederbelebte Subkultur des Hipsters, der gerne männliche Attribute wie einen Rauschebart oder Tätowierungen mit einem Sinn für Mode, Design und Lockerheit verbindet. Diese Kombination mündet dann in einem (pseudo-)coolen Auftritt. In einem Artikel der Publikation Welt offenbart ein Trendsetter, dass es in Hipster-Wohnungen wie am Kinofilm-Set von Mad Men aussehen und er selber sich bei seiner Einrichtung auf dänische Vintage-Möbel konzentrieren würde.

Zupackend oder nicht?

Wenn man sich von diesem Bild löst, aber bei der jungen Männergeneration bleibt, zeigen die Ergebnisse einer anderen Studie einen weiteren Trend an. Dass die jüngere Erwachsenen-Generation eher mit Multimedia-Geräten und audiovisueller Unterhaltung, denn mit anpackenden Gerätschaften und Hobbies aufgewachsen ist und sich zumeist pragmatisch zwischen hohen Ansprüchen und Spaß-orientierter Arbeit bewegt, dürfte eine Testreihe der US-amerikanischen Winston-Salem State Universität in North Carolina beweisen.

Elektronik-Bezug – Hier kommen klassische männliche Hobbys auf den Tisch (Fotonachweis: Radbag.de/pressloft.com)

Im vergangenen Jahr wurde bei 237 gesunden Frauen und Männern im Alter von 20 bis 34 Jahren die Kraft der Arme und Hände mit Hilfe eines sogenannten Dynamometers gemessen. Dabei ging es sowohl um die Fähigkeit, mit der gesamten Hand zuzupacken, als auch um die Stärke, mit der Männer und Frauen zugreifen oder kneifen konnten. Die Ergebnisse verglichen sie mit der Kraft, die Menschen im Jahr 1985 mit ihren Händen aufgebracht hatten.
Erschreckendes Ergebnis vielleicht auch in punkto Do-it-Yourself (DIY): Während in drei Jahrzehnten das Zupacken des weiblichen Geschlechts nahezu konstant geblieben ist, schwächelt das vermeintlich starke Geschlecht. Demnach ist die Greifkraft ihrer männlichen Altersgenossen um 20 Prozent und die Griffstärke um zwölf Kilogramm gegenüber den Generationen der Väter oder Großväter gesunken. Laut den Forscherinnen Elizabeth Fain und Cara Weatherford, die ihre Studienergebnisse im Journal of Hand Therapy veröffentlichten, lässt sich aus der Kraft der Hände auf die Muskelkraft im gesamten Körper eines Menschen schließen.

Präferenzen und Typen

Doch diese Erkenntnis steht durchaus nicht im Widerspruch zum erstarkenden DIY-Trend. Laut der Otto Wohnstudie 2015, deren Fakten nach Auskunft der Hamburger Handelsgruppe weiter bestehen, haben vor allem junge Singles selbst gebastelte Möbelstücke. Der Großteil junger Leute achtet vor allem auf eine ansprechende Optik, gefolgt von Funktionalität, Langlebigkeit und Unempfindlichkeit. Die Bedürfnisse beim Möbelkauf verschieben sich je nach Lebensphase, deren Rhythmus von Experten wie der Hamburger Inneneinrichterin Christina Höger (Bendig) auf alle zehn bis 15 Jahre geschätzt wird.

Die Otto Wohnstudie kommt zwar zum Rückschluss, dass Männer und Frauen unterschiedliche Präferenzen in der Einrichtung haben, erklärt dies aber aus wohnpsychologischer Sicht mit unterschiedlichen Einrichtungstypen wie zum Beispiel Nähe- und Distanztypen. Resümee in punkto Geschlecht ist hier: „Frauen mögen es zu Hause eher kuschelig, Männer lieber klar strukturiert.“

Einrichtung und Technik

Nach einer aktuellen internationalen Studie der GfK ist für Männer ist die Größe und das Erscheinungsbild ihrer Räumlichkeiten entscheidend. Demnach wollen weltweit 30 Prozent der Männer ihr Equipment an Home Entertainment Technik voranbringen, bei den Frauen sind es nur 19 Prozent. Diese Fakten betreffen aber nicht zwangsläufig den modernen deutschen Mann wie das frische Fazit des Bundesverbands E-Commerce und Versandhandel Deutschland (Bevh) zum Jahr 2016 zeigt: „Für wachsende Umsätze sorgen vor allem Männer. Sie haben deutlich aufgeholt. Selbst in Warengruppen, bei denen man das nicht auf Anhieb erwartet wie beispielsweise Möbel, Lampen und Dekoration. Hier haben Männer ein Plus von 40,5 Prozent generiert“, sagt Bevh-Hauptgeschäftsführer Christoph Wenk-Fischer. Damit orderten mehr männliche als weibliche Kunden im Internet- und Versandhandel derartige Produkte.
In dem genannten Sortimentsbereich stehen sich Volumina im Wert von 1.884 zu 1.309 Millionen Euro entgegen. Im Vergleich zum Vorjahr 2015 gingen noch die Einkaufsumsätze bei den Frauen um 1,8 Prozent zurück und kletterten bei den Männern um satte 40,5 Prozent. Die Jahresbilanz des Bevh zeigt erstaunlicherweise bei den Männern einen großen Unterschied zwischen Elektronikartikeln und Haushaltsgeräten: In der erstgenannten Kategorie unterliegen die Frauen fast schon erwartungsgemäß den Männern- die Einkaufsumsätze von 2.833 zu 5.912 Mio. Euro bedeuten zwar ein verdoppeltes Verhältnis, aber mit 16,8 zu 15,3 Prozent ein höheres Wachstum bei den Damen der Schöpfung, Dagegen orderten Frauen mit Gesamtkäufen in Höhe von 1.682 Mio. Euro mehr Haushaltswaren und Haushaltsgeräte als die Männer (1.333 Mio. Euro), was beim weiblichen Geschlecht einem Umsatzplus von 62,1 Prozent und beim männlichen einem Minus von 5,2 Prozent entspricht.
Damit zeigt sich in einer Schlussbetrachtung, dass sich die Bilder und Rollen der Geschlechter in der modernen Welt verändern wie auch teilweise bestätigen. Der Ausbruch aus traditionellen Mustern und Konventionen ist im Gange, dauert aber seine Zeit und passt in keine Schublade. Vor allem gehört natürlich den jungen Männern die Zukunft.
Arnd Westerdorf

Designklassiker – Stilisierte Marinetechnik-Tische von Knut Hesterberg (Marke Ronald Schmitt) sind wieder gefragt (Fotonachweis: Pamono.de)

Vintage-Gegenstand Alte Backform: Warum nicht auch für den modernen Mann? (Fotonachweis: wikipedia.de/ Turris Davidica)