Kupfer ist wegen seines höheren Materialwertes nicht nur ein beliebtes Diebesgut. Vielmehr sind das Halbedelmetall und seine Legierungen wieder voll im Trend – auch im Küchen- und Esszimmerbereich. Das liegt an den Zeitumständen sowie an den Material- und Produkteigenschaften.
Produktfamilie Copper von Tom Dixon: Stylischer Vorreiter bei Leuchten (Foto: Tom Dixon Design Research)
Die Jetzt-Welt wirkt auf viele Zeitgenossen unüberschaubar, kalt und widersprüchlich. Deshalb sind die Menschen wieder mehr auf der Suche nach Ursprünglichkeit, Wärme und Nachhaltigkeit. Trotz synchroner Trends wie dem kühl wirkenden Metallic-Look und mitunter brachialem Industriedesign sind Produkte und Einrichtungen mit warmer und nostalgischer Strahlkraft zunehmend gefragt. Im Zuge dieser Nachfrage kehren nach dem auffälligen wie erdigen 1970er-Jahre-Design (siehe Bericht in Trend&Style 03/2017) auch Details aus den 80er-Jahren zurück: Produkte oder Elemente aus Kupfer, Messing oder Bronze setzen mit ihrem rötlichen oder gelblichen Schimmer neuerdings wieder Akzente.
Wie es sich schon auf mancher Branchenmesse ankündigte, sind „warme Farben und haptische Oberflächen angesagt“, wie es unlängst bei der Trendset hieß. Der gleichnamige Messeveranstalter sprach davon, dass die Produkte „kombiniert mit metallischen Gold- und Bronzetönen natürlich und edel zugleich erscheinen“. Im orientalischen Raum ist ein solcher Gegenstand und Zierrat aus getriebenen Metall wie etwa das klassische Mokkaservice gang und gäbe, und in der westlichen Hemisphäre gehört er bei Anbietern von hochwertigen, handwerklich orientierten Artikeln zur Philosophie.
In Bereichen wie Produktdesign, Gastronomiebedarf, Ladeneinrichtung und Architektur sind warm wirkende Metalle im Kommen. Sie werden in allen möglichen Facetten als Hauptkomponente oder feines Element eingesetzt. So zeigen sich die bayrischen Architektenpartner Regina Schineis und Stefan Hiendl, die Küchen und gewerbliche Objekte planen, begeistert vom Material Kupfer: „Es besticht durch seine Langlebigkeit, seine Nachhaltigkeit und seine Anmutung, die sich täglich verändert und je nach Lichteinfall andere Farbtöne wiedergibt.“
Reale Szenerien
Auch im gastronomischen Bereich setzen Designer, Hersteller und Planer wieder mehr auf Kupfer und Messing. Seit eh und je schwören Hausbrauereien, Gastwirtschaften und Bars auf Zapfanlagen oder Kessel aus dem antibakteriellen Material und schmücken sich auch Cafès und Restaurants mit edler wirkenden Tisch- und Wandleuchten, verspielten oder funktionalen Kronleuchtern. Nun wagen sich auch Top-Designer an die antik wirkenden Metalle heran: Der britische Stardesigner Tom Dixon hat etwa seine Beleuchtungsserie Mirror Ball zur Hängeleuchte Copper Shade weiterentwickelt. Auch neu eröffnete Lokale wie die Münchner und Hamburger Restaurantfilialen „Izakaya“ der Lifyestyle-Hotelkette Roomers sind mit Kupfertischen und Kupferelementen ausgestattet.
Modernes Studio von Smeg: Design-Musterbeispiel für Küche und Gastronomie (Foto: Smeg Deutschland)
„Ferro“-Variationen von Nolte Küchen: Kombination von kupferfarbenen mit hellen oder – hier – dunklen Elementen (Foto: Nolte Küchen)
Genauso werden optisch warme Metalle in Küchenstudios und Kücheneinrichtungen verwendet. So setzt das an einem neuen Standort wiedereröffnete Küchenstudio Weigelt im sächsischen Pirna ausdrücklich auf ein modernes Design seiner Musterküchen und damit sogar auf kupferfarbene Arbeitsplatten. Der italienische Hausgeräte-Hersteller Smeg wiederum präsentiert im Rahmen seines neuen Premiumservices in seinem Münchner Küchenstudio eine Mustereinrichtung mit Kupferelementen.
Und der deutsche Kücheneinrichtungs-Hersteller Nolte greift nach eigenen Angaben den „Megatrend von Natürlichkeit und Authentizität“ in der Produktkombination von Ferro Cortenstahl und Nova Lack auf: „Hier trifft eine Oberfläche in reizvoller Rost-Optik auf weiße hochglänzende Regale und Geräteschränke.“ Bei einer anderen, schwarzen Ferro-Variante hebt Nolte-Küchen die Kanten in Messing-Optik hervor.
Auch der Küchenspezialist Franke nutzt den Trend mit seiner Kupfer-Edition, zu der neben zwei Spülen und passender Armatur die „Mythos“ Dunstabzugshaube sowie eine Glasarbeitsplatte gehören.
Flexible Kombination
Die harmonisch aufeinander abgestimmten Komponenten versprühen eine behaglich warme Eleganz, die im modernen Küchenambiente den Industrial-Chic unterstreicht, aber auch in der urigen Landhausküche funktioniert und edle Akzente setzt. So spielt Kupfer seine Allrounder-Qualitäten aus und lässt sich stimmig mit unterschiedlichsten Materialien und Farben kombinieren“, betont der Anbieter Franke.
Bei diesen Beispielen zeigt sich die Variabilität des warm glänzenden und sich spiegelnden Metallic-Looks: Er kann sowohl ein helles, skandinavisch geprägtes wie auch ein dunkleres stilvolles Einrichtungsflair in Küchen und Esszimmern reizvoll abrunden. Für das Wochenmagazin „Focus“ sorgt dieser Metallglanz für „Wow-Effekte“, Eleganz und Behaglichkeit: „Mal warm und gemütlich, mal urban und trendy – Kupfer ist wandelbar und stilvoll.“ Elemente wie Kerzenständer und Windlichter aus Kupfer würden jedem Raum eine wohlige Atmosphäre und eine Prise Frische und Freiheit verbreiten, heißt es in einem Trendreport des Magazins. Das frauenaffine Monatsmagazin „Brigitte“ erklärt Kupfer sogar zum „neuen Gold“.
Gold wert ist Kupfer allemal beim Kochen. Hier bieten die Produzenten von Kochgeschirr gerne Töpfe und Pfannen aus dem Material an. Rösle hat just die Produktlinie „Kupfer Chalet“ in das Portfolio aufgenommen, die Kochtöpfe, Stielkasserollen, Bratpfannen und Servierpfannen umfasst. Bei der Produktserie betont der Hersteller die „edle Oberfläche aus modernem, matt gebürstetem Kupfer“ und verbindet die Vorteile von Optik und Funktion vor allem mit dem Charme von Landhausküchen: „Die Kupfertöpfe sorgen durch das traditionelle und zugleich moderne Erscheinungsbild für eine warme Atmosphäre in der Küche und bieten auch in der Anwendung viele Vorzüge.“
Luxus im Alltag
Ähnlich äußert sich die Kupfermanufaktur Weyersberg über „den Klassiker unter den Kochgeschirrmaterialien“: „Unsere Produkte bieten ein wenig Luxus im Alltag für alle, die Qualität fühlen, sehen und schmecken möchten. Für alle, die das Schöne und Einzigartige mit optimalen Kocheigenschaften kombinieren möchten“, betont der geschäftsführende Gesellschafter Marc Weyersberg. Der Kupferexperte weist darauf hin, dass das kultige Kochgeschirr heute nicht mehr verzinnt, sondern unter hohem Druck mit Edelstahl plattiert wird, und dass es sich nun auch durch eine dünne ferromagnetische Schicht für Induktionsherde eignet. Zudem ist es laut der Manufaktur immer noch ein überragender Wärmeleiter und Wärmeverteiler:
Sautoir von Weyersberg: Braten mit Stil und vielen Vorteilen (Foto: Kupfermanufaktur Weyersberg)
Freistehende Loft-Küche von Franke: Sogar die Dunstabzugshaube ist im Kupfer-Look (Foto: Franke)
„Selbst geringste Temperaturveränderungen wirken sich unmittelbar auf die Speise aus. Die Wärmeleitfähigkeit ist 25-fach höher als bei Edelstahl und neunfach höher als bei Aluminium. Dadurch spart Kupfer Energiekosten und reduziert die Garzeiten gegenüber herkömmlichen Kochgeschirren.“ Das Sortiment des Herstellers reicht vom kleinen Servierpfännchen über Rührschüssel, Marmeladentopf, Töpfe, Pfannen und Stielkasserollen bis hin zum Sautoir und schweren Bräter.
Durch die hervorragenden Wärmeleiteigenschaften verteilt das Kupfergeschirr die Wärme gleichmäßig, sodass die Temperatur besser und in einer niedrigeren Stufe zu regulieren ist. Damit halten Speisen länger warm und können vitaminschonend und mit minimierter Anbrenngefahr zubereitet werden. Darüber hinaus gilt Kupfergeschirr als besonders hygienisch, denn Keime und Bakterien können auf Kupfer nicht überleben. Kupfer ist für diese Mikroorganismen toxisch und für Menschen ungefährlich. Dementsprechend sind Wasserleitungen oder Türklinken in gastronomischen oder medizinischen Bereichen oftmals aus Kupfer, weil durch das Halbedelmetall die Übertragung von Keimen vermieden wird.
Arnd Westerdorf