Die Zeiten sind vorbei, in denen man sich zur Hochzeit ein Service schenken lässt. In jungen Haushalten wird gemixt und gematcht, was das Zeug hält. Wir blickten auf der Ambiente etwas tiefer in die Brennöfen der Porzellanhersteller!
Mit der neuen, modernen Serie Joyn hat sich Arzberg nach schweren Jahren wieder ins Gespräch gebracht
Veränderungen kommen meist nicht mit einem Knall, sondern langsam und oft unkalkulierbar. Diese Tatsache macht es so schwierig, richtig und zur passenden Zeit darauf zu reagieren. Greift man eine Idee zu früh auf, bleibt man auf seinen Produkten sitzen, ist man zu spät, hechelt man den Trends hinterher. So gesehen haben die Hersteller von Porzellan keine leichte Zeit hinter sich. Man musste sich von dem „Selbstläufer“ des klassischen Tafel-Services und den Zeiten des Wirtschaftswunders verabschieden und sich durch die zunehmende Globalisierung einem neuen Wettbewerb stellen. Während Ikea und Co. zunächst nur müde belächelt und später zum Feindbild wurden, verpassten es einige Hersteller auf die Veränderungen der Märkte adäquat zu reagieren.
Das war für viele der erfolgsverwöhnten Porzellanhersteller durchaus schmerzhaft und wenn man sich die wirtschaftlichen Schieflagen des einen oder anderen noch einmal vor Augen hält, existenzgefährdend. Umso mehr freut es uns, zu beobachten, dass es dem Großteil der Hersteller inzwischen gelungen ist, das Ruder herumzureißen.
Recht früh erkannte man in Thüringen den Lauf der Dinge: Kahla war nach der Wende von der Familie Raithel und damit einem ehemaligen Rosenthal-Mann übernommen worden. Da man sich bei Kahla nicht auf der Marke ausruhen konnte, musste man sich freischwimmen. Da kam es gerade gelegen, dass Holger Raithel, als Geschäftsführer der zweiten Generation, von Beruf Physiker war. Die flauschige Beschichtung „touch!“ und der Rutschstop „magic grip“ entstammen seinem unermüdlichen Drang, neue Wege zu beschreiten. Inzwischen hat man bei Kahla „magic grip“ in unterschiedlichen Farben um die Tassen als Griffzone gewickelt und damit der neuen „to go“ Serie „cup it“ einen ganz eigenen Auftritt verschafft.
Spannend sind auch die Veränderungen bei Arzberg zu beobachten. Bei dem Traditionsunternehmen wurde durch das Engagement verschiedener Investoren im wahrsten Sinne des Wortes viel Porzellan zerschlagen. Seit 2013, bewegt man sich – eingebettet in die Arcturus Gruppe, zu der auch Rosenthal und Sambonet gehören – wieder in ruhigem Fahrwasser. Mit der neuen Form „Joyn“ und der eigens für Til Schweigers Restaurant entwickelten Geschirr-Serie „Barefoot“ rückte man auf der Ambiente die Marke Arzberg wieder in das Rampenlicht.
Hightech trifft Prozellan: Die Serie „cup it“ von Kahla liegt weich in der Hand und leistet einen farbenfrohen Beitrag für die Umwelt
Brücken einer modernen Welt: Die Faiencerie Georges spielt mit spannenden Motiven
Sie sind wieder da! Meissen hat in den Archiven gewühlt und mit „Stripes“ ein wunderbares Dekor gefunden
Auch Rosenthal hat sich schon seit einigen Jahren erfolgreich auf die Anforderungen des Marktes ausgerichtet. Mit Mesh wurde ein modernes und kundenorientiertes Geschirrsystem entwickelt. Auch Junto verfolgt dieses Konzept, wobei man sich zusammen mit Sambonet unter dem Slogan „Taste your life“ verschiedenen Foodtrends angenommen hat. Das schöne dabei ist, dass hier Geschirr und die passenden Edelstahlaccessoires für Zubereitung und Präsentation der Gerichte perfekt kombiniert werden können. Überaus praktisch und dennoch formvollendet präsentierte sich auch die Marke Thomas, mit der Serie „ONO“. Hier können verschiedene Teile multifunktional eingesetzt werden. Das spart nicht nur Platz, sondern erlaubt eine Vielzahl von Einsatzmöglichkeiten.
Diese Grundidee verfolgt auch Villeroy & Boch bei der Serie „Clever Cooking“. Hier wird ein Sieb durch das Umklappen eines Silikonuntersetzers im Handumdrehen zu einer Schüssel und auch die ofenfesten Formen aus wärmespeichernder Keramik kommen mit durchdachten Specials: Alle Deckel sind gleichzeitig als flache Auflaufform oder Servierteller nutzbar, und passgenaue Silikonschieber schützen perfekt vor ofenheißen Griffen. Und das beste dabei: Die rechteckigen Formen sind auf die Größe von Lasagneblättern ausgerichtet und der Heber kann direkt mitgebacken werden, so dass das erste Stück problemlos entnommen werden kann.
Weniger erfreulich waren die vergangenen Jahre bei Meissen. Nach turbulenten Veränderungen hat man sich nun neu organisiert und seiner historischen Werte besonnen. Mit einer neuen modernen Form und vier verschiedenen Dekoren startet man in das neue Jahr. Die Vorlage zu dem Dekor „Stripes“ enstammt dem Archiv und ist sage und schreibe 200 Jahre alt. Durch verschiedene Variationen kann auch hier in vielfältiger Weise kombiniert werden.
Als zweites Schwergewicht in Sachen edler Porzellane geht auch die Königliche Porzellan-Manufaktur Berlin neue Wege und präsentiert mit der innovativen LAB Serie puristisches Design, das Ästhetik und Funktionalität vereint. So kommt beispielsweise die Bulb aus Bicolor Porzellan als Vase, Karaffe und Diffuser zum Einsatz.
Neben all den praktischen und schönen Dingen der großen Hersteller, machen aber immer wieder auch kleinere Manufakturen mit pfiffigen Ideen auf sich aufmerksam. In klassischem Delfter Blau werden bei den Atomtellern Windmühlen durch Atomkraftwerke als Zeichen moderner Energiegewinnung ausgetauscht. Weissbrich Design setzt auf Schrift und Sprache. In Frankreich entstehen bei der Faiencerie Georges spannende Dekore aus der Sportwelt und es werden sogar Brücken aus Tellern gebaut.
Es ist also viel in Bewegung in Sachen Geschirr! Nutzen Sie diese neue Dynamik und geben Sie dem weißen Gold im Handel wieder den Stellenwert, den es einmal hatte.
Super: Villeroy & Boch macht aus einem Sieb eine Schüssel
Junto von Rosenthal spielt mit Materialmix und durchdachten Food-Konzepten