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Trend 2019: Fortschritt – natürlich!

Der Plastikflut ist schwer beizukommen. Deshalb sind recycelte und nachhaltige Küchen- und Einrichtungsaccessoires immer gefragter. Und manche Basisstoffe ungewöhnlich: Kaffeesatz, Weintrester, Pilzschwämme oder Ananasblätter.

Kunststoffe sind aus der modernen Welt nicht mehr wegzudenken. Was in der Neuzeit mit Naturmaterialien begann, die wie das geronnene Milchprotein Kasein zu Kunsthorn oder das Baumharz Kautschuk zu Gummi weiter verarbeitet wurden, verstärkte noch die Industrialisierung. Nach und nach haben synthetische, petrochemische und industriell produzierte Produkte im Alltagsleben die Oberhand gewonnen.
Nun setzt eine Umkehr ein: Die Erdöl- und Steinkohlevorräte gehen zur Neige, fossile Rohstoffe haben negative Klimaeffekte und der Plastikmüll gefährdet immer mehr Umwelt und Gesundheit. Zudem pflegen viele Unternehmen ein umweltgerechtes und nachhaltiges Bild – aus einem Selbstverständnis heraus oder aus mitunter werbewirksamen CSR-Gründen (Corporate Social Responsibility).

Schuhe 3.0: Nach natürlichem Ursprung und der Welle von Kunststoffimitaten sind nun Bestandteile aus Biomasse im Kommen – hier Sportschuhe von Rens aus Kaffeesatz (Foto: Rens Original)

In diesem Zusammenhang kommen immer mehr Produkte aus recycelten oder natürlichen Stoffen auf den Markt. Zuletzt haben sich US-Forscher des Berkeley Laboratoriums an einer neuen Kunststoffart versucht. Mit Erfolg: Polydiketoenamin läst sich im Gegensatz zum üblichen Plastik komplett und endlos wiederaufbereiten. „Die meisten Kunststoffe wurden nie für das Recycling hergestellt. Wir haben aber einen neuen Weg gefunden, Kunststoffe zusammenzustellen, die das Recycling aus molekularer Sicht berücksichtigen”, sagt Teamsprecher Peter Christensen zum Projekt, die Makrogröße der Polymere in Original-Monomere und ihre Additive aufzubrechen.

Echtes Recycling

Was PDK kann, kann Glas schon lange – nämlich immer wieder zu neuem Material geschmolzen zu werden. Ein Paradebeispiel sind die „Raami“-Trinkgläser von Littala und die eingebettete Umweltkampagne. „Littala ermutigt seine Kunden, nachhaltige Entscheidungen für eine bessere Zukunft zu treffen“, heißt es geschickt beim finnischen Hersteller. Wer will schon anders handeln? Die Glasserie besteht aus vollständig recyceltem Abfallglas und soll neben der Resteverwertung Energie und Ressourcen einsparen. Der Produzent spricht noch dazu von dem „Bestreben nach besserer Lebensweise und nachhaltigen Entscheidungen“ und „dem tiefen Respekt vor der Natur“.
Der Schweizer Messerhersteller Victorinox hat jüngst mit dem einheimischen Partner Nespresso zum vierten Mal ein besonderes Taschenmesser aufgelegt: Die Grundkomponenten des „Pioneer Nespresso India“ bestehen aus recyceltem Stahl und die grünen Aluminiumschalen aus aufbereiteten Nespresso-Kaffeekapseln, die über ein flächendeckendes Sammelsystem in den Produktionskreislauf zurückgeführt werden.

Klein und aus Flachs: Studenten präsentieren mit „Noah“ das erste komplett recyclingfähige Auto (Foto: TU Eindhoven)

(Foto: TU Eindhoven)

Zellulose und PLA

Beide Produkte sind nur in einer limitierten Edition erhältlich. Das ist oftmals ein Instrument für Exklusivmarketing und kaufpsychologisch motivierte Verknappung, für einen Markttest oder auch ein Zeichen für eingeschränkte Kapazitäten. In den Massenmarkt haben es hingegen schon Produkte aus Zellulose oder Polymilchsäure geschafft, die allesamt aus den Zuckermolekülen von Pflanzen gewonnen werden. Zellulose stammt zumeist aus Holz, aber auch aus Stroh und anderen Pflanzenbestandteilen. Bei Zellulose haben sich die Verbraucher schon an diverse Produkte gewöhnt, die aus diesen Biomolekülen chemisch aufgeschlossen werden: Textilien aus Baumwolle, Leinen oder Ramon, Synthetikstoffe aus Viskose oder Modal, Jutetaschen, Bastbänder, Seile, Matten oder Dämmstoffe.
Ein aktuelles Beispiel ist das Autoprojekt „Noah“ an der Technischen Universität Eindhoven. Die niederländischen Studenten haben den Prototyp eines voll recyclingfähigen Wagens entwickelt, dessen Chassis, Karosserieteile und Innenraum überwiegend Sandwichbauteile aus Flachs und zuckerbasiertem Biokunststoff enthalten.
Auch der für seine einzigartig designten Kunststoffprodukte bekannte Hersteller Koziol setzt neuerdings organische Bestandteile im Rahmen seiner „Organic Collection“ ein. Diese Produkte sind für mobile Anlässe gedacht und umfassen To-go-Thermobecher, Trinkflaschen, Teller, Besteck, Schalen, Schüsseln, Lunch