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Food Report – Algen und Meer

Der neue Food Report 2017 liest sich spannend wie ein Krimi. Autorin Hanni Rützler analysiert die wichtigsten Trends. Fazit: Die Food-Branche ist in Bewegung, nicht nur durch neue Techniken, vielmehr sind neue Ideen, Perspektivenwechsel und die Kraft der Visionen, Motoren der Veränderungen. Der Food Report zeigt, dass vor allem flexible Start-ups erfolgreich sind. Und: Die Zukunft der Ernährung liegt wahrscheinlich im Wasser!

Ausgeklügelt: In Nemos Garden wächst Gemüse am Meeresgrund

Der gesprochene Einkaufszettel, der selbständig die Bestellung besorgt, gehört bald ebenso zum Alltag wie individuelle Ernährungstipps („Food4me“ beschäftigt sich mit dem Verhältnis zwischen Ernährung und Genexpression). Neue Geschmackserlebnisse, Geschmackserzeugung und maßgeschneiderte Ernährungstipps werden erforscht, was wiederum neue Geschäftsideen sowie neue Produkte zur Folge hat. In Tokyo wurde beispielsweise eine elektrische Gabel entwickelt, die durch eine leichte elektrische Stimulierung der Zunge den Eindruck eines salzigen Geschmacks erzeugt, und soll nun in den Einzelhandel kommen. „Print2Taste träumt schon von einem 3D-Food-Printer, der auf Basis eines Bluttropfens den Bedarf des Nutzers analysieren und bei etwaigen Mangelerscheinungen entsprechende nährstoffreichere Kost drucken kann“, erläutert Rützler.
Brutal lokal, ein weiterer Trend, zielt auf das Besondere und Exklusive, das nicht importiert wird, sondern vor Ort in Wald und Flur zu finden oder zu züchten ist, zum Beispiel Brot aus Brikenrinden, Birkenwasser als Superdrink oder Waldbier aus Fichtenharz. Auch Fleischersatzprodukte werden Teil des Mainstream-Sortiments. Das Extrahieren von bestimmten Inhaltsstoffen, die dann anderswo wieder eingesetzt werden, wird immer mehr akzeptiert, ein Beispiel dafür: Beyondmeat.
Viele Menschen wollen den Aufwand in der Küche minimieren. Der Handel kann Lösungen bieten, beim Planen und Einkaufen zu sparen. Samsung entwickelt mit MasterCard den Kühlschrank „Family Hub Fridge“, der automatisch Nachbestellungen vornimmt und gleich via Kreditkarte abrechnet. Amazon baut seinen Fresh Food Service weiter aus und testet auch die Zustellung per Drohnen. Von intelligenten Herden oder Kühlschränken bis zu Rent a cook ist vieles möglich. „Convenience 3.0 nimmt uns in Zukunft nicht das Kochen ab, sondern bietet Lösungen, es bequemer und lustvoller zu gestalten“, so Rützler.
Haushaltsgerätehersteller Miele zeigt mit „The Invisible Kitchen“ eine vernetzte und komfortable Vision. Der virtuelle Assistent begleitet den Kochprozess, macht Vorschläge, wie Reste verwertet werden können, und greift ein, falls die Milch überläuft.

Liegt die Zukunft unserer Ernährung im Wasser?

Es wird mehr Fisch gegessen, der Hype um Sushi und Co. hat die globale Nachfrage nach Fisch und Meeresfrüchten ansteigen lassen. „Neue ökologische Aquakulturen werden dafür sorgen, dass wir uns mit Fisch nicht nur gesund, sondern auch nachhaltig ernähren werden“, folgert Rützler. Der Trend geht klar zur „Aquaponik“, das setzt sich aus den Begriffen „Aquakultur“ (Fischzucht in Becken oder Tanks) und „hydroponischem Pflanzenanbau“ (ohne Erde) zusammen. Hier wird die Aufzucht von Fischen mit der Kultivierung von Nutzpflanzen in einem geschlossenen ökologischen Kreislauf verbunden. Das ist auch auf dem Hausdach möglich, wie es beispielsweise die Urbanfarmers praktizieren.
Aber auch „Nemos Garten“ ist ein ungewöhnliches Zuchtprojekt im italienischen Mittelmeer. In bis zu zehn Metern Tiefe sind durchsichtige, nach unten geöffnete und mit Luft befüllte Ballons, die mit Ankern am Meeresgrund befestigt sind. In diesen Ballons, den Biosphären, sind Behälter mit Samen von Basilikum, Kopfsalat, Bohnen oder Erdbeeren angebracht. Durch Sonneneinstrahlung verdunstet das Salzwasser im unteren Teil der Ballons, kondensiert am oberen Rand und regnet als Süßwasser auf die Pflanzen herab.
Für Vegetarier und Veganern sieht Rützler neue kulinarische Perspektiven: Algen werden in den kommenden Jahren als besonders nährstoffreiches Gemüse auch in Europa Karriere machen, und zwar nicht nur als Lebensmittel, sondern auch als Ausgangsprodukt für Verpackungen, im Bereich Kosmetik oder als Nährstoffquelle. Algen sind zudem unkomplizierte, einfach und umweltfreundlich erzeugbare Vorboten einer wachsenden Kreislaufwirtschaft. Ihr Fazit: „So oder so: Das Meer erfindet sich gerade neu – und wird zu mehr.“
www.food4me.org/de
www.nemosgarden.com
www.urbanfarmers.com

Vielfalt aus dem Meer – Sieht aus wie Tagliatelle ist aber aus 100 Prozent Meeresalgen: www.seamorefood.com