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Dr. Frank Freund im Interview: Erfolgsfaktor „Mensch“

Im Nachgang zu einem Vortrag auf der IFA Special Edition über Mitarbeiterbeteiligung sprachen wir per Zoom mit Dr. Frank Freund, Gründer und CFO des Fintechs Raisin/WeltSparen über den Erfolg der richtigen „Men-(oder Women)-Power“.

Warum setzen Sie sich für die Vereinfachung der Mitarbeiterbeteiligung ein?
Unternehmen funktionieren in der Regel dann gut, wenn ein motiviertes Team begeistert an einer gemeinsamen Sache arbeitet und weiß, warum es einen großen Teil seiner Lebenszeit damit verbringen möchte, eine Idee erfolgreich umzusetzen. Auf der Suche nach den fähigsten Mitarbeitern, die auch in anspruchsvollen, stressigen oder schwierigen Phasen zu einem stehen, ist die Beteiligung ein großartiges Mittel. Übrigens gilt das aus meiner Sicht gänzlich unabhängig vom Industriesektor oder der Größe des Unternehmens. In Deutschland haben wir allerdings im internationalen Vergleich noch immer erschwerte rechtliche und steuerliche Rahmenbedingungen, welche der Bundesregierung bekannt sind und im Sommer überarbeitet werden sollen. Das ist wichtig und erforderlich, denn nur so kann sich das deutsche Start-up-Ökosystem erfolgreich weiterentwickeln und wettbewerbsfähig sein – mit entsprechender Relevanz für Innovationskraft, Arbeitsplätze und Zukunftsorientierung des Wirtschaftsstandortes.

Inwiefern?
Ein Programm zur Mitarbeiterbeteiligung lässt sich jederzeit ins Leben rufen, selbst wenn es vielleicht einfacher ist, wenn es direkt am Anfang gestartet wird. Gerade in kleinen Unternehmen stellt sich die grundsätzliche Frage, wie will ich meine Mitarbeiter bezahlen und motivieren, so dass sie erfolgreich im Interesse des Unternehmens handeln? Eine Beteiligung ist eine Form der Wertschätzung, von der am Ende aber auch Unternehmer selbst profitieren. Wenn alle am Erfolg des Unternehmens direkt partizipieren, werden sich vermutlich auch alle für diesen Erfolg einbringen und unternehmerisch agieren.

Gibt es auch eine Kehrseite der Medaille?
Eine Beteiligung ist in Deutschland wie auch in anderen Ländern mit Komplexität und hohem Verwaltungsaufwand verbunden. Aber wenn ich nicht davon überzeugt wäre, dass sich Mitarbeiterbeteiligungen lohnen würden, dann würde ich nicht so vehement dafür einstehen. Man muss ja bedenken, dass Mitarbeiter, die zu noch jungen Unternehmen dazustoßen, ein hohes Risiko eingehen, das sich lohnen muss, um die besten Mitarbeiter für sich zu gewinnen und an sich zu binden.

Welche Beteiligungsformen gibt es denn überhaupt?
In Deutschland gibt es meistens virtuelle Beteiligungen, bei denen den Mitarbeitern im Fall eines Verkaufs des Unternehmens oder eines Börsengangs ein Anteil an den Erlösen zugesprochen wird. Wir ermöglichen unseren Mitarbeitern dagegen durch eine echte Beteiligung in Form von echten Geschäftsanteilen an positiven Entwicklungen auf dem gesamten Weg zu partizipieren. Die Übertragung solcher Anteile muss leider notariell beurkundet werden, dafür investieren wir Zeit und Geld.

Wer kann alles beteiligt werden?
Grundsätzlich kann jeder beteiligt werden, natürlich in unterschiedlichem Umfang. Wir zwingen allerdings unseren Mitarbeitern keine Anteile auf, sondern überlassen die Entscheidung jedem selbst. Bei Führungskräften wünschen wir uns eine Beteiligung, denn das zeigt uns, dass er oder sie an den Erfolg des Unternehmens glaubt.

Haben beteiligte Mitglieder auch Entscheidungsbefugnis?
Natürlich intensiviert eine Beteiligung die Verbindung zum Unternehmen. Dennoch trennen wir dies von den Entscheidungsgremien und der Transparenz über Zahlen, Daten und Fakten. Beides ist wichtig, sollte allerdings nicht zwingend miteinander verwoben werden. Am Ende merken Mitarbeiter, ob es dem Unternehmen gut geht oder nicht, und welche Dinge funktionieren oder nicht – darüber sollte man offen, konsequent und transparent sprechen, unabhängig einer Beteiligung. Wir kommunizieren daher gegenüber unseren 300 Mitarbeitern auch sehr offen. Das führt zu einer aus meiner Sicht noch höheren Identifikation mit dem Unternehmen und zu einem verbesserten Problemlösungsverhalten, das auf dem Verständnis der aktuellen Situation aufsetzt. Auch wenn bei uns nicht alle Zahlen jedem bekannt sein müssen, verschicken wir doch relevante Informationen – unabhängig von einer Beteiligung – jeden Morgen transparent an alle Mitarbeiter als Tagesbriefing.

Vortrag auf der IFA Special Edition

Für welches Unternehmen eignet sich die Mitarbeiterbeteiligung?
Der Erfolg eines Unternehmens ist immer mit den Menschen verknüpft. Wieso sollte sich ein gut ausgebildeter Mitarbeiter auf ein junges Unternehmen am Markt mit teils ungewissem Aussichten einlassen? Die Tatsache, am Erfolg partizipieren zu können, ist oft ein wichtiges Kriterium. Daher ist es gerade am Anfang wichtig, dass man die Mitarbeiter so beteiligt, dass sich ihr Leistungsinvestment für sie im Erfolgsfall auszahlt, da gut ausgebildete Fachkräfte immer Alternativen am Arbeitsmarkt haben. Ohne Mitarbeiterbeteiligungen bekommt man gerade als Start-up nicht die richtig guten Leute, die für eine erfolgreiche Ausrichtung benötigt werden und die dann auch langfristig bleiben.
Der zweite Punkt beim Blick über das eigene Unternehmen hinaus ist aber aus meiner Sicht genauso wichtig: Sobald es zum Erfolg kommt, werden diese Mitarbeiter Teil eines Ökosystems. Sie haben neue Geschäftsideen, probieren sich damit aus und führen das Geld wieder in das Ökosystem zurück. In Berlin gibt es etwa ein ganz offensichtliches Beispiel: Zalando, die inzwischen an der Börse gelandet sind, deren Mitarbeiter der frühen Phase immer noch im Ökosystem „Start-up Berlin“ verblieben sind. Das ist extrem relevant, um einen Standort für erfolgreich agierende Unternehmen mit engagierten Mitarbeitern und später Unternehmern aufzubauen.

Viele Start-ups werden von großen Unternehmen übernommen, was halten Sie davon?
Oft sind große Unternehmen keine guten Eigentümer frischer Ideen und junger Unternehmen. Innerhalb eines Konzerns geht die Entwicklung von Start-ups notwendigerweise mit einer gewissen Strukturkomplexität einher, die ein kleines Start-up schnell lahm legen kann. Nur wenn man sich weitgehend aus dem Tagesgeschäft und dem Team-Building des Start-ups rauszieht, können neue Ideen auch nachhaltig wachsen. Das heißt in dem Sinne: ‚Macht Ihr und wenn Ihr Hilfe braucht, dann meldet Euch.‘ Im Gegensatz dazu gibt es professionelle Investoren, die den ganzen Tag nichts anderes machen, als mit ihrem Wissen und Kapital Wachstum zu generieren und die Herausforderungen junger Wachstumsunternehmen anders interpretieren und verarbeiten können.
Am Ende weiß natürlich keiner, ob eine neue Idee abheben wird oder nicht. Das macht es ja gerade so spannend! Wir als Gründer und mittlerweile auch selektiv als Investoren in andere Start-ups sehen durchgehend, dass die Zusammensetzung des Teams und die Freiheit, an einer Idee gemeinsam mit Leidenschaft zu tüfteln viel wichtiger sind als die eigentliche Idee. Schlaue, motivierte Leute, die gerne zusammenarbeiten, finden am Ende doch fast immer eine erfolgreiche Lösung.

Sie waren drei Gründer und haben inzwischen über 300 Mitarbeiter. Wie gelingt das?
Nach acht Jahren sind immer noch viele der Mitarbeiter der ersten Stunden bei uns – an dieser Stelle vielen Dank für das Vertrauen in uns! Es ist nämlich ungemein wichtig, die richtigen Mitarbeiter zu finden, mitzunehmen und an das Unternehmen zu binden und gemeinsam zu wachsen.
Natürlich sind wir mittlerweile ein großes Unternehmen geworden: Wir sind in Deutschland und allen anderen europäischen Märkten aktiv, wir bedienen Privat- und Geschäftskunden, wir bieten Einlage-, Anlage- und Vorsorgeprodukte an, wir sind gerade mitten im Marktstart in den USA, haben eine eigene Bank in Frankfurt und investieren entlang aller Felder in Wachstum. Das hat sich alles über die Jahre natürlich weiterentwickelt. Trotz allem bleibt die Hauptherausforderung, das Team an sich zu binden. Daneben ist es ungemein wichtig, zu differenzieren, worauf man sich fokussiert. Schließlich ist die Liste von Dingen meist doch länger als das, was sich in einem sinnvollen Zeitrahmen umsetzten lässt. So bleibt jeden Tag die Überlegung, mit welchen Ideen man seine Partner und sein Team langfristig binden kann.

Und was wäre Ihre Empfehlung für Menschen mit guten Ideen?
Gute Ideen sind in jeder Branche gefragt. Es gibt ganz viele Beispiele, wo sich mit ein bisschen Technologie und Nachdenken Probleme lösen und Prozesse vereinfachen lassen. Man sollte sich immer selbst ausprobieren und zwar altersunabhängig.
Es wird dann immer und egal in welchem Kontext viele Menschen geben, die einem erklären, warum das eine blöde Idee sei, warum das ganz sicher nicht funktionieren kann und wieso schon ganz viele mit dem gleichen Ansatz gescheitert sind. Und je mehr man davon hört, desto sicherer ist man auf dem richtigen Weg und sollte es ausprobieren – ohne Angst, zu scheitern!


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