Strenge Ecken und Kanten waren gestern: Heute sind wieder runde Formen angesagt. Das liegt sicherlich zum einen an der trendigen Retro-Ästhetik, andererseits aber auch an dem immer wieder aufregenden Spiel mit den Kontrasten: Denn Möbel und Accessoires mit runder Optik bringen Spannung in eine cleane moderne Einrichtung. Abgesehen davon wirken Räume mit rundem Interieur ausgeglichen und gemütlich.
Holz-Look: Der Spiegel „Hendrik“ von Hübsch ist teilweise mit Eiche überzogen
Vielleicht sind runde Formen aktuell auch deswegen so gefragt, weil sie in unsicheren Zeiten Geborgenheit versprechen. Das Zerfallen alter Werte und Phänomene wie die Bankenkrise oder die wirtschaftliche Globalisierung schüren Ängste vor einer ungewissen Zukunft. Aus diesem Grund bestimmten runde und bauchige Formen auch das Interieur der Nachkriegszeit. Nach den Schrecken des Kriegs war die Sehnsucht nach Glück, Zufriedenheit und Harmonie groß.
Psychologen argumentieren sogar, dass es eine natürliche Furcht vor harten Kanten und Ecken gibt. Schließlich erinnern sie an das Gebiss von Raubtieren, an Dornen gefährlicher Pflanzen oder an spitze, verletzende Gegenstände wie Steine. Rund hingegen sind so schöne vertraute Dinge wie die Sonne, der Monde oder die Erde. Was auch immer der Grund für die Sehnsucht nach runden Formen sein mag, man entdeckt sie aktuell im Alltag auf Schritt und Tritt: Sessel, Spiegel, Tische, Servierwagen, Vasen, Kerzenhalter, Kissen und Leuchten zeigen Kurven.
Mit seinen markant geschwungenen Armlehnen, die sich bis zum Boden hinziehen, wirkt beispielsweise Sessel „Wimbledon“ des Berliner Interior-Labels Fashion For Home wie ein typischer Vertreter des Nierentisch-Designs der 50er Jahre. Am liebsten möchte man sich sofort in die runden Lehnen reinkuscheln. Besonders gut kommt das fast schon gedrungen wirkende Design aus seitlicher Perspektive zur Geltung. Auf jeden Fall ist der Sessel ein Solitär, der viel Platz braucht, um zur Geltung zu kommen.
Besser sitzen: Im Sessel „Wimbledon“ lässt es sich gut entspannen
Filigran: Der aparte Beistelltisch eignet sich gut für die Präsentation von Pflanzen
Runde Akzente
Die Pendelleuchte „Circle“ des norwegischen Labels Northern Light zeigt dagegen, dass rund nicht immer auch klobig oder rustikal bedeuten muss. Im Gegenteil: Circle, gestaltet von Hannakaisa Pekkala, überrascht mit ihrer aufs Wesentliche reduzierten filigranen Form. Die aus Stahl gefertigte Leuchte kann bei Bedarf auch um einen externen Dimmer erweitert werden. Damit lässt sich der Helligkeitsgrad ganz nach Belieben regeln.
Der runden Sache hat sich auch der Hersteller Oyoy verschrieben: Zwei unterschiedliche Serien von Kerzenhaltern zeigen dies auf eindrucksvolle Weise: Die „Bobble Mini“ und auch die etwas größeren „Bobbel High“ sind fröhliche Halter aus Buchenholz, die es in den unterschiedlichsten Farben gibt. Wer möchte, kann die Kerzenhalter auch von beiden Seiten nutzen. Fast schon skulptural wirkt dagegen der Kerzenhalter „Tangent“, der aus einem eckigen Marmorblock und einem Kreis aus Messing gefertigt ist. Wunderbar elegant, schnörkellos und gleichzeitig der Beweis dafür, dass sich runde und eckige Formen auch gut ergänzen können. Ebenfalls kreisförmig: die aus weicher Bio-Baumwolle gefertigten Kissen aus der Serie „PI“ und die handgefertigten Keramik-Vasen „Rica“. Einen runden Spiegel, wie etwa vom Hersteller Hübsch, muss man übrigens nicht mehr länger nur auf das Badezimmer oder auf den Flur beschränken, sondern kann ihn auch im wahrsten Sinne des Wortes salonfähig machen: Im Wohnzimmer eingesetzt sorgt er nicht nur durch seine Form für einen kraftvollen Akzent, sondern bringt zusätzlich Helligkeit hinein und macht kleine Räume optisch größer.
Handmade: Die handgefertigten Vasen „Rica“von Oyoy sind aus Keramik
Wandschmuck: „Loop“ besteht aus Messing, Textilbändern und Lederband
Dass das dänische Label Madam Stoltz nicht nur Accessoires, sondern auch ausgefallene Möbel im Sortiment hat, zeigen der Ablagetisch „Circle“ und ein exklusiver Bar- und Servierwagen. Beide spielen mit runden Formen, die die Möbel erst zu extravaganten Hinguckern machen: So ist das Tischchen „Circle“ aus drei Kreisen im Messing-Look gefertigt. Der Barwagen von Madam Stoltz besteht aus Ablagen aus grau getönten Glasböden, die von Messing gehalten werden. Aus Messing bestehen auch die an den Seiten des Wagens angebrachten kreisrunden Elemente, die mit den Rollen verbunden sind. Ein Prachtstück mit außergewöhnlichem Design, das sich auch für die Präsentation besonderer Dinge wie Sammlerstücke, Bücher oder Pflanzen eignet. Beide Möbel zeigen, wie man stilprägende Akzente im Raum setzen kann.
Bei Wandschmuck muss man ebenfalls nicht auf Rundungen verzichten: Die kreisförmigen „Wallhanging Loops“ von Frau Sieben werden ganz in Handarbeit hergestellt. Zu den Bestandteilen gehören in erster Linie Elemente wie Messing, Sprühlack, verschiedene Textil- und Lederbänder. Die Loops können sowohl als Mobiles, als auch als Traumfänger verwendet werden. Eine schöne und gleichzeitig beruhigende Vorstellung: Nur die guten Träume gelangen durch die grazilen Kreise hindurch und verhelfen zu einem tiefen, entspannten Schlaf.
Sigrid Brauer