Vieles wird schon getan in Richtung Nachhaltigkeit, doch wie können Marken, Organisationen oder der Handel all diese Bemühungen auch wirkungsvoll den Kunden gegenüber kommunizieren? Antonia Fedder, nachhaltige Marken- und Webdesignerin, Konzeptionerin und Lehrbeauftragte gab in einem spannenden Vortrag beim Nordstil Forum in Hamburg viele handfeste Tipps und Anregungen.
„Potenziale durch Umdenken erkennen und nutzen!“
Antonia Fedder
Antonia Fedder Mit ihrem Masterabschluss in nachhaltigem Design und jahrelanger Erfahrung in der interdisziplinären Arbeit für NGOs, Unternehmer und innovative Unternehmen, entwickelt die Beraterin ganzheitliche De-signlösungen für bewusste Geschäftsideen. Ihr Fokusthema ist Nachhaltigkeit mit der Dreidimensionalität von Menschen, Planet und Profit. Ansässig in Hamburg hat sie bereits an vielen Orten gelebt und gearbeitet und arbeitet immer noch weltweit remote. Ihr Motto „Gemeinsam-können-wir-alles-schaffen“.
Die Kreislaufwirtschaft, so Antonia Fedder, sei eine einzigartige Möglichkeit für den Einzelhandel. Denn in der Kreislaufwirtschaft werden Rohstoffe effizienter genutzt und Abfälle minimiert, beziehungsweise im besten Fall sogar wieder verwendet. Das Cradle to Cradle Designprinzip hat die Natur zum Vorbild. Ziel ist es, nicht nur negative Einflüsse zu minimieren, sondern einen positiven Fussabdruck zu hinterlassen. Das Fahrrad steht exemplarisch für ein Alltagsprodukt, das aus Komponenten für den technischen Kreislauf besteht, die künftig alle recycelt werden, aber auch Komponenten beinhaltet, deren Materialien in die Biosphäre gelangen, wie der Reifenabrieb beispielsweise. Darüber gelangt Microplastik in die Natur, am Besten sollten daher Reifen aus biologisch abbaubarem Material gestaltet werden. Künftig müssen wir kreislauffähige Produkte entwickeln, die reparierbar und aktualisierbar sind, deren Komponenten in geeigneten Kreisläufen zirkulieren können. Daher sollte auch nichts im Müll landen, denn dann ist es verloren. Abfall sollte vielmehr als Wertstoff betrachtet werden. „Verpackung sind die größte Abfallquelle im Einzelhandel und dessen größte Chance“, meint Fedder. Das Abfallmanagement und Recycling von Verpackungen sei sowohl eine große Herausforderung, aber gleichwohl eine Chance. Es gebe schon innovative Ideen für den Handel, so die energische und enthusiastische Frau, darunter beispielsweise Reset, eine KI-basierte Plattform von Smarter Sorting, die den Müll im Einzelhandel reduzieren will, indem sie Produkte, die im Normalfall auf der Deponie landen würden, stattdessen zur Wiederverwendung vorschlägt. (resort.org).
Eine weitere Plattform, die dabei helfen möchte, das Entsorgungsmanagement zu optimieren, ist Resourcify. Ein großer Kunde dieser Plattform ist der Baumarkt Hornbach. Um das Abfallmanagement vollständig digital zu verwalten und seine ambitionierten Recyclingziele zu erreichen, startete Hornbach im Oktober 2018 eine Entwicklungspartnerschaft mit Resourcify. „Die Entsorgung ist bei uns dank Resourcify längst kein reiner Kostenfaktor mehr. Mit den Erlösen aus dem Wertstoffmanagement und der Optimierung unserer Prozesse können wir Kosten sparen, Erlöse für die Wertstoffe generieren und somit die Kosten für unser Unternehmen senken“, berichtet Andreas Back, Leiter Qualitätsmanagement / Umwelt & CSR bei Hornbach.
Wichtig sei es, Vorhandenes zu nutzen, sei es Abfall oder eben auch Energie. Um die beim Schürfen von Kryptowährung entstehende Wärme zu recyceln wird in Rotterdam ein Tulpen-Gewächshaus durch Bitcoin-Mining geheizt. Der Mining-Prozess erzeugt eine Menge Wärme, die normalerweise ungenutzt verschwindet. Jetzt wird ein riesiges Gewächshaus mit der Abwärme beheizt, um „Bitcoin-Bloem“ wachsen zu lassen. Die sechs Bitcoin-Server wiederum werden von den Solarzellen auf dem Dach des Gewächshauses mit Strom versorgt. Ein weiteres Beispiel zur optimalen Nutzung aller vorhandenen Komponenten ist die Plattform „Kauf ne Kuh“, direkt vom Erzeuger aus regenerativem Landbau in Bio-Qualität und alles vom Tier wird verwertet.
Biobasierte Materialien
Grundsätzlich müssen Hersteller auf nachhaltige Materialien achten und gut abwägen, ob Produkte oder Textilien nun besser aus Hanf, Bambus oder Holz entstehen sollten. Dabei gilt es genau hinzuschauen und alle Aspekte (Anbau, Ernte, Verwertung, nachwachsende Rohstoffe, Wasserverbrauch, Recycle-Fähigkeit) zu berücksichtigen. Auch biologisch abbaubares Plastik müsse geprüft werden und gerade am Thema Tomatendose lasse sich, so Fedder, schön erläutern, dass genau hingeschaut werden muss, ob Tomaten im Glas, aus dem Tetrapack oder der Dose den geringeren Fußabdruck hinterlassen. Mit großer Spannung wird hier auf die Entwicklung neuer Materialien wie Algen, Hanf oder Ananas-Fasern geschaut.
TômTex ist ein revolutionäres, leistungsstarkes, biobasiertes Material, das aus Meeresfrüchteschalen und Pilzabfällen hergestellt wird. TômTex wurde 2020 von Uyen Tran gegründet. Als Studentin an der Parsons University und später als Designerin bei einigen der führenden Modehäuser der USA entwickelte Uyen eine Wertschätzung für Form- und Designtechniken, die Kreativität mit praktischer Anwendung verbinden. Doch etwas beunruhigte sie: In jedem Studio, in dem Uyen arbeitete, führten die Kundenwünsche und das Endergebnis immer zu Tonnen von Abfall. Sie wollte etwas gegen das Problem des Textilmülls und das Gesamtsystem, das ihn verursacht, unternehmen. In Vietnam, wo sie aufwuchs, wurde alles, was kaputt ging, repariert. Man warf keine Dinge weg, die noch einen Zweck erfüllen konnten. Daher entwickelte sie das TômTex-Material, bezieht alle Zutaten dafür verantwortungsbewusst und verwendet wasserbasierte grüne Chemie. Alle Stoffe sind zu 100 Prozent biobasiert und zu 100 Prozent biologisch abbaubar.
Antonia Fedder ist überzeugt: Für den Handel lohne es sich in vielerlei Hinsicht, nachhaltig zu agieren. Zum einen können Kosten durch Ressourceneffizienz eingespart werden. Zudem erhöht es die Reputation der Marken und bindet die Kunden. Außerdem gelten künftig immer mehr Vorschriften und Gesetze in Richtung Umweltschutz und Nachhaltigkeit, wer jetzt schon umdenkt und anders handelt, mindert das Risiko Strafen wegen Nichteinhaltung zahlen zu müssen. Innovative Ideen bringen eigentlich immer einen Wettbewerbsvorteil, schließt Fedder und fordert dazu auf, Potenziale durch Umdenken zu erkennen und zu nutzen.