Gemischte Jahresbilanz des Möbelhandels
Die vorläufige Jahresbilanz ergibt sich aus Hochrechnungen auf Basis der ersten zehn Monate 2018. Für 2019 erwartet der BVDM eine lebhaftere Nachfrage. Die Rahmenbedingungen in Deutschland sind für den Handel demnach weiterhin gut: Die Beschäftigungsquote ist auf Rekordniveau, das verfügbare Einkommen steigt. Die Arbeitslosenquote ist so gering wie nie nach der Wiedervereinigung. Selbst die Neubautätigkeit hat wieder leicht zugenommen.
Gründe für Umsatzminus
Doch auf den Umsatz der Branche wirkt dies im Moment nicht ein. Die Gründe für den Umsatzrückgang sind laut BVDM-Haupgeschäftsführer Thomas Grothkopp vielschichtig: Heiße Sommer, in denen Deutschland lieber Freizeitbeschäftigungen nachgeht und Abkühlung sucht, gab es schon immer. Aber dass er bereits im April beginnt und sich bis September hinzieht ist außergewöhnlich und hat den Handel schwer gebeutelt. Als im Spätsommer die Umsätze endlich wieder spürbar anzogen war klar, dass die fehlende Nachfrage von fünf Monaten nicht mehr ausgeglichen werden kann. Nicht nur in den angesagten Metropolen Deutschlands steigen die Preise für Immobilien und die Mieten in beängstigender Weise. Dies geht zu Lasten der Umzugsbereitschaft von Menschen, die als Mieter bei einem Umzug mit schmerzlichen Mehrkosten konfrontiert werden. Diese Kostensteigerungen greifen auch in das Budget von Privathaushalten ein.
Wohnen stellt neben bei den Ausgaben im Wettbewerb mit Essen, Bekleidung, Verkehr und Reisen eine eigene Position im Budget. Was für die Finanzierung von Wohnungen und Häusern, für Mieten und die stetig steigenden Nebenkosten zusätzlich aufgewendet werden muss steht für Neuanschaffungen von Möbeln und Küchen oftmals nicht zur Verfügung. Ganz abgesehen davon, dass staatliche Kaufanreize für Neuwagen die Automobilindustrie zu Lasten anderer Wirtschaftszweige klar begünstigen und drohende Fahrverbote die Nachfrage zusätzlich beleben. Selbstkritisch ist festzustellen, dass sich Werbung mit Superlativen abnutzt, gleichgültig ob mit Rabatten, angeblich gesparter Mehrwertsteuer oder mit Prämien.
Verbraucherverhalten
Da diese Botschaften von einer Branche, die für viele Zeitungen der wichtigste Anzeigenkunde ist, bis in fast jeden Haushalt getragen werden, entsteht der Eindruck, dass sich viele große Möbelhäuser nicht wirklich voneinander unterscheiden. Doch in Wahrheit wird die Aufmerksamkeit von der Vielfalt des Angebots abgelenkt.
Traditionell werden Möbel und Küchen auf den günstigen Flächen vor den Toren der Städte angeboten. Allerdings ändert sich das Verbraucherverhalten mit einer bislang nicht gekannten Dynamik. Die Innenstadt wird wieder zur Möbellage. Der europäische Marktführer sucht keine neuen, großformatigen Standorte mehr. Er geht mit kleineren Einheiten zu den Menschen in die Städte. Was der Kunde nicht bequem mitnehmen kann, wird ihm nach Hause geliefert. Das spart teure innerstädtische Logistikfläche und führt zu einer ganz neuen Kalkulation. Gleichwohl sind Möbel und Küchen Produkte, die stationär gekauft werden. Niemand käme auf die Idee, sich eine Auswahl von Möbeln liefern zu lassen, um sie wie Bekleidung größtenteils zurück zu schicken.
Daher geht der BVDM von zehn Prozent reinem Onlineanteil aus. Wobei durch die zunehmende digitale Präsenz von Möbelkonzernen eine Abgrenzung zwischen stationärem Geschäft und Distanzhandel nur schwer möglich ist. Für den Handel sind digitale Angebote insbesondere dort interessant, wo Wohnräume und Küchen virtuell dargestellt werden, Produkte ganz konkret in diese Welten positioniert und mit unterschiedlichen Farben und Materialien gezeigt werden. Hier gibt es gleich mehrere Unternehmen, die sich in den vergangenen zwölf Monaten mit Augmented Reality, der computergestützten Wahrnehmungserweiterung in die Öffentlichkeit begeben haben. Der BVDM sieht dies als attraktive Ergänzung zur persönlichen Beratung, die das Vorstellungsvermögen unterstützt.
Branche konzentriert sich weiter
Die Möbel- und Küchenbranche ist eine generell mittelständisch geprägte Einzelhandelsbranche, auch wenn die Konzentration fortschreitet und vor allem Großunternehmen wachsen, wie die jüngsten Übernahmen gezeigt haben. Der Anteil der Familienunternehmen oder solcher Unternehmen, wo Familien das Kapital in Stiftungen überführt haben, ist hoch. Das Engagement von Kapitalinvestoren im Handel ist unterproportional, an der Börse spielt der Möbelhandel kaum eine Rolle. Dies liegt vor allem an der Stärke der Einkaufsverbände, in denen mehr als 80 Prozent aller Handelsbetriebe mit mehr als 60 Prozent des Branchenumsatzes organisiert sind.
Dazu zählen mittlerweile fast alle in Deutschland und Österreich marktführenden Unternehmen. Hinzu kommt eine Konsolidierung unter den Verbundgruppen, wo auch die traditionelle Trennung zwischen Möbelhäusern, Vollsortiment und spezialisierten Küchenhändlern immer stärker überwunden wird. Dass im Oktober das Bundeskartellamt eine Untersuchung gestartet hat, verwundert daher nicht, blockiert allerdings zunächst eingeleitete Kooperationen. Der Flächenzuwachs hat sich im vergangenen Jahr abgeschwächt: Es wird weniger neu gebaut, es werden häufiger bestehende Standorte und Flächen übernommen.
Zahlen zum Handelsjahr 2018
Laut BVDM verfügt der deutsche Möbelhandel über rund 23 Millionen Quadratmeter Verkaufsfläche. Hiervon werden 5,7 Mio. Quadratmeter – das ist ein Viertel der Fläche – von 165 Häusern mit mehr als 25.000 Quadratmetern Verkaufsfläche betrieben. Die Vertriebsform der online bestellten Möbel gewinnt weiter an Bedeutung. Über 3,2 Milliarden Euro brutto, also rund zehn Prozent des Gesamtumsatzes, wurden im Jahr 2017 mit Möbeln, Küchen und Einrichtungsgegenständen erwirtschaftet.
Betrachtet man die Sortimentsbereiche, so sind Küchenmöbel mit 26 Prozent Umsatzanteil die stärkste Warengruppe. Die Umsatzverschiebungen von Ende 2017 nach 2018 aufgrund der Insolvenz eines großen Küchenmöbelherstellers sind inzwischen abgearbeitet und die Umsatzanteile unter den Marktbeteiligten neu verteilt. Zweitgrößte Warengruppe sind die Polstermöbel mit 22 Prozent, gefolgt von den Schlafzimmermöbeln mit 13 Prozent, wobei Boxspringbetten unverändert Verkaufsschlager – allerdings zu Lasten der sonstigen Schlafzimmermöbel – sind. Wohnzimmermöbel runden das Bild mit elf Prozent Umsatzanteil ab.
Logistik-Projektszenarien
Doch was nützt die schönste neue Welt, wenn auf der profanen Realitätsseite die Prozesse nicht stimmen. Daher beschäftigt sich der Möbel- und Küchenhandel seit geraumer Zeit auch mit Fragen der Lieferlogistik. Sowohl auf dem Weg vom Hersteller zum Händler wie auch auf dem Weg zum Kunden, der letzten Meile. Im Projekt ZIMLog (ZukunftsInitiativeMöbelLogistik) haben sich Handel, Industrie und Möbelspeditionen sowie deren Verbände AMÖ, BVDM und VDM zusammengefunden. Hierbei werden auf Basis einer zuvor durchgeführten wissenschaftlichen Untersuchung gemeinsam mit Unternehmen aus Industrie, Handel und Speditionen Szenarien und Lösungsansätze für die Herausforderungen in der Transport-logistik – vom Fahrermangel über funktionierende EDV-Erfassungs-systeme bis hin zu komplexen Verteilsystemen – entwickelt.
Erste verwertbare Ergebnisse in Form eines einheitlichen Datenstandards wie auch verschiedener Handlungsempfehlungen wurden bereits Ende 2017 vorgestellt und können von allen Marktteilnehmern zentral über die Website des Daten Competence Center kostenlos abgerufen und genutzt werden. Zurzeit befinden sich Pilotprojekte zum Entladehelfer im Handel, um die Zweimannfahrten zu reduzieren, wie auch die Entwicklung einer Frachtenbörse für die Industrie, um Leerfahrten zu vermeiden, in der Erprobung. Der BVDM sieht dies auch als einen Beitrag zur Entlastung der Straßen und zur Nachhaltigkeit.
Notwendige Standards
Schnell zeigt sich, dass die Herausforderungen der Logistik nicht ohne eine weitere Klassifizierung und Standardisierung von Möbeln und Küchen zu meistern sind. Beim Verein eClass wird daher bereits seit Anfang 2017 mit Hochdruck an einem Klassifizierungssystem für Möbel und Küchen gearbeitet, das es erleichtern wird, Möbel und Küchen in elektronischen Systemen umfassend zu beschreiben und so der Logistik und dem Online-Vertrieb den Weg zu bereiten.
Der BVDM ist an diesen Entwicklungen maßgeblich beteiligt und arbeitete zusammen mit IWOfurn in dem vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Forschungsprojekt FURNeCorp zu CRM-Prozessen im Möbelhandel mit. Es wurde Anfang 2018 abgeschlossen, wird aber von den Projektpartnern aus Handel und Industrie weiterbearbeitet, um größtmöglichen Nutzen aus den Ergebnissen zu ziehen. Die gesamten Forschungsergebnisse stehen kostenfrei allen Marktteilnehmern zur Verfügung und können online abgerufen werden.
Große Kritik an Politik
Holzhandelsverordnung und Energieverbauchskennzeichnungsverordnung lassen allein schon aufgrund ihrer Wortlänge erahnen, welche Bürokratiemonster dahinterstecken und sind nur zwei Beispiele für die meist aus Brüssel kommende Regulierungswut, mit der sich der deutsche Möbel- und Küchenhandel auseinandersetzen muss. Der BVDM arbeitet hier beispielsweise im HDE-Europaforum eng mit den Kollegen des Handelsverband Deutschland und dessen Büro in Brüssel zusammen, um die besondere Interessenlage des betroffenen Möbel- und Küchenhandels in die Gesetzgebungsverfahren einfließen zu lassen. EU-Parlament und EU-Kommission die Konsequenzen für die Praxis zu vermitteln ist laut BVDM ein zäher Prozess: „Ärgerlich ist insbesondere, wenn Deutschland Verordnungen noch restriktiver ausgestalten, als europäisch vorgegeben. Die Datenschutzgrundverordnung ist ein furchterregendes Beispiel, wie über vereinbarte Ziele hinausgeschossen wird.“
Zahlen zur Branche
Zur Möbel-, Küchen- und Einrichtungsbranche im engeren Sinn zählt das statistische Bundesamt rund 9.000 Unternehmen. Diese Zahl liegt ebenso wie die Zahl der Beschäftigten im Einrichtungs¬handel mit 100.000 Menschen auf Vorjahresniveau. Im gesamten deutschen Einzelhandel, in dem rund 2,7 Millionen Menschen – davon 1,4 Millionen in Vollzeit – beschäftigt sind, stehen derzeit 110.000 junge Leute in einem Ausbildungsverhältnis. Aus- und Weiterbildung an der Fachschule des Möbelhandels
Die Branche benötigt gut qualifizierte Fachkräfte in allen Bereichen, da Möbel und Küchen beratungsintensive Produkte sind. Deshalb setzt sich der BVDM für die Ausbildung des Branchennachwuchses ein und unterstützt als ideeller Träger die Fachschule des Möbel-handels (Möfa) in Köln-Lindenthal. Seit inzwischen mehr als 80 Jahren werden an der Fachschule des Möbelhandels junge Menschen für eine Tätigkeit in der Möbelbranche qualifiziert. Die Zahl der Absolventen liegt inzwischen weit über 20.000. Die Fachschule, die zugleich Berufskolleg für die Betriebe im Rheinland ist und ihre Absolventen sind sehr gefragt und haben beste Berufschancen.
Gemischte Erwartungen 2019
Die Rahmenbedingungen für das Jahr 2019 sind grundsätzlich gut. Von Januar bis Oktober 2018 wurde in Deutschland der Bau von insgesamt 289.700 Wohnungen genehmigt. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, waren das 1,2 Prozent oder 3 500 Baugenehmigungen mehr als im Vorjahreszeitraum. Besonders stark hat der Neubau von Wohnraum in Mehrfamilienhäusern mit plus 5,7 Prozent zugenommen. Der Bau von Einfamilienhäusern und insbesondere Zweifamilienhäusern hat dagegen um 0,9 bzw. 4,6 Prozent abgenommen. Die im Jahr 2010 begonnene positive Entwicklung bei den Baugenehmigungen im Wohnungsbau setzt sich somit fort.
Fachmessen puschen Geschäft
Die Fachmessen Imm Cologne und LivingKitchen prägen laut BVDM die Branche und stärken die Stellung der Deutschen Möbel- und Küchenbranche. Der deutsche Möbelhandel baut auf diese beiden Messen und rechnet mit positiven Ausstrahleffekten auf die Nachfrage. Möbel und Einrichten und insbesondere Küchen rücken in der dritten Januarwoche traditionell verstärkt in den Fokus der Medien und ganz besonders der Menschen im Rheinland. Der Stellenwert von schönem Wohnen bekommt dadurch qualitative und quantitative Impulse. Der deutsche Möbelhandel wird sich den genannten Herausforderungen stellen. Viele Unternehmen hätten in den vergangenen Jahren in ihre Ausstellungen und die Qualität ihrer Mitarbeiter investiert. so der BVDM: „Die Möbelkäufer bekommen erstklassige Ware zu besten Preisen in kundenfreundlichem Ambiente mit Erlebnischarakter und werden von gut ausgebildeten Mitarbeitern beraten. Innerhalb des euro-päischen Möbelhandels nimmt der deutsche Möbelhandel daher zu Recht eine Spitzenstellung ein.“
BVDM auf der IMM Cologne
Der BVDM ist auf der Imm Cologne 2019 vom 14. bis 20.01.2019 mit einem Stand auf dem Messeboulevard, Stand B 09, gegenüber Halle 4 mit folgenden Partnern vertreten:
· Fachschule des Möbelhandels (Möfa)
· Sachverständigenrat beim BVDM
· Interseroh Dienstleistungs GmbH
· Thaddäus Rohrer Unternehmensberatung
· IWOfurn Service GmbH
Am Donnerstag, 17. Januar 2019 findet von 18.00 bis 20.00 Uhr am BVDM-Stand der BVDM-Treff als abendliches Get-together der Mitglieder und Partner des BVDM sowie der Absolventen, Dozenten und Studierenden der Möfa statt, zu dem der BVDM herzlich einlädt.